Fischsterben

Was geschieht gerade wo, wie und warum?

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Hartmut
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Beitrag von Hartmut » 04 Aug 2006 22:47

Hallo,

heute erlebte ich ein seltsames Fischsterben bei dem nur einzelne Tiere starben und die anderen Fische normal im Fluss schwammen und sogar nach Insekten stiegen.
Die chemischen Parameter N,P,O,T waren ohne erkennbare Auffälligkeiten in Ordnung und eine Kontrolle, entlang des Flusses, ergab keine auffällingen Einleitungen.
Einige Fische ließ der WKD vor Ort aufschneiden um die inneren Organe der Fische nach sichtbaren Veränderungen zu untersuchen, ohne Befund.
Beim Kontrollgang über mehrere Flusskilometer entdeckte ich zwei handlange Rotaugen bei Luftsprüngen, als wollten sie Parasiten oder etwas unangenehmes loswerden. Zwei kleine Döbel standen mit erhöhter Atemfrequenz etwas ausserhalb ihres Schwarmes, sonst ist mir unter den lebenden Fischen nichts aufgefallen.
Unter den verendeten Fischen waren Rotaugen, Döbel, zähe Karauschen und Karpfen.

Wer hat so etwas auch einmal erlebt oder wer hat einen Tipp, an was die Fische verendet sein können?

Stefan von Hatten

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Beitrag von Stefan von Hatten » 04 Aug 2006 22:58

Hallo Hartmut!

Das klingt erschreckend. Eventuell eine Säure oder ein Gift, welches stark konzentriert sich nicht verteilt hat, sondern wie eine begrenzte Wolke durch das Wasser trieb, schwerer als Wasser war, grundnah trieb und daher die in den tieferen Schichten lebenden Fische tötete?

Petri!

Stefan

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Hartmut
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Beitrag von Hartmut » 04 Aug 2006 23:12

Weder noch, auch die Makroorganismen zeigten keine Auffälligkeiten, Gammarus, Baetis und co. waren auch wohlauf.
Vielleicht ist es eine Fischkrankheit, eine Allergie ;-). Für eine umfangreiche Untersuchung reicht das Geld aus der Landeskasse nicht - die öffentliche Hand muss sparen.

Den Schaden halte ich im Moment für sehr gering, wenn keine weiteren Fische sterben.

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Chinook
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Beitrag von Chinook » 04 Aug 2006 23:55

Welche Fische kommen sonst noch vor? Wie sieht es mit Muscheln aus? Welche Nahrungsnischen werden in der Regel von den Fischen aus der Gruppe der toten Tiere genutzt? Bodennahrung, Oberfläche usw? Wie sieht es mit den Grenzen des Fischsterbens aus, wo tritt es auf, wo nicht? Wie ist es mit der Wassertemperatur beschaffen (Uferbereich, Flussmitte, Flussgrund)? Wie ist das Umfeld, welche Industrie, Landwirtschaft?

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Beitrag von kanalfischer » 05 Aug 2006 08:19

Hallo Hartmut,
nachdem was ich von euch jetzt gelesen habe würde ich vielleicht auf eine neue unentdeckte Fischkrankheit tippen,wie zum Beispiel bei dem Geflügel die Vogelgrippe.Merkwürdig finde ich nur das nicht alle Fische davon betroffen sind.Möglicherweise haben die anderen Fische ein stärkeres Immunsystem und werden später noch betroffen sein.Nur das wollen wir nicht hoffen!!!!!!!!
Wenn du noch mehr neues erfährst teile es bitte hier mit.
Gruß,Michael

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Beitrag von Hartmut » 05 Aug 2006 17:06

@Chinook, Stichling, Gründling und Schmerle, vereinzelt Quappe, Bach- und Regenbogenforelle.
Von den Muschenln in dem Fluss konnte ich in den letzten Jahren nur leere Schalen finden, die lebenden Exemplare stecken irgendwo im Gewässergrund.
Aktuelle Wassertemperatur = 19,7°C.
Durch den extremen Sommer führt das Gewässer nur noch wenig natürliches Wasser und der gereinigte Abwasseranteil liegt über 50%. In der größten Sommerhitze, der letzten Wochen, hatten die Fische keine Schwierigkeiten, deshalb schließe ich die Wassertemperatur als mögliche Ursache aus. Industrie und Landwirtschaft liegen auch im Einzugsgebiet und nicht zu vergessen, über 100000 Menschen, Verkehrswege, Fluglinien....
@kanalfischer, bis jetzt stochern alle im Nebel, vielleicht wird an oder in den Fischen doch noch ein Hinweis gefunden, an was sie verendet sind.

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Beitrag von Chinook » 05 Aug 2006 22:05

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat
der gereinigte Abwasseranteil liegt über 50%
Wie sieht es mit dem Sauerstoffanteil aus? Mit einem "Zuviel" können Bafos besser umgehen als Weissfische. Allerdings muss das zuviel schon sehr hoch sein.
Die Wirkung von UV-Strahlen auf Fische sind noch wenig untersucht. Man weiss nur dass auch hier Weissfische anders als Salmoniden reagieren und das die UV Strahlen die Schleimschicht zerstören, somit der Fisch krankheitsanfälliger ist.
Weiterhin: das Einsetzen von Regen nach langen Hitzeperioden verschlimmert in der Regel den Wasserzustand (kurzzeitig); vielleicht auch eine Möglichkeit.
Und schliesslich unsere braven Mitmenschen, die vielleicht einen Kühlschrank entsorgt haben.

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Beitrag von Hartmut » 06 Aug 2006 00:14

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat
Wie sieht es mit dem Sauerstoffanteil aus?
Die Schwierigkeiten beginnen bereits bei der Messung des Sauerstoffs.
Zwei unterschiedliche Messmethoden an zwei unterschiedlichen Stellen von zwei verschiedenen Personen angewand, ergaben abweichende Ergebnisse.
Wenn es eine toxische Einleitung war kommen die Probenehmer meist zu spät, denn die Brühe ist dann den Bach runter, wird ständig weiter verdünnt und die Fische sterben nur langsam an der Ursache und verenden buchstäblich im sauberen Wasser.

[ 06. August 2006: Beitrag editiert von: Hartmut ]

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Beitrag von Thomas Kalweit » 07 Aug 2006 10:43

Das Karpfen und Karauschen verendet sind, macht mich stutzig. Die überleben normalerweise die stinkendste Dreckbrühe, da kann es am Sauerstoffgehalt etc. wohl nicht gelegen haben. Dass nur Cypriniden gestorben sind, spricht wohl für eine Krankheit. Wie siehts denn aus mit dem Koi-Herpes-Virus (KHV)? Ist doch überall in Deutschland schon häufiger aufgetaucht. In der Regel kommt es nicht zu Massensterben, warmes Wasser ist Voraussetzung. Nur Karpfenartige und Aale werden meines Wissens befallen...
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Beitrag von Chinook » 07 Aug 2006 11:40

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat
Die überleben normalerweise die stinkendste Dreckbrühe, da kann es am Sauerstoffgehalt etc. wohl nicht gelegen haben.
Meine Annahme ging in Richtung zuviel Sauerstoff statt zu wenig. Beispielsweise, ein doppelt so hoher Sauerstoffgehalt im Wasser bringt gerade Cypries schneller um als Salmies.

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Beitrag von Thomas Kalweit » 07 Aug 2006 12:05

Sauerstoffübersättigung kommt aber in der Regel nur in stehenden Gewässern mit Massen von höheren Wasserpflanzen und Phytoplankton vor. Durch Strömungsumwälzung in einen Fließgewässer wird das Zuviel an Sauerstoff schnell ausgetrieben. Zudem müssten Verätzungen an den Kiemen zu erkennen sein.

Ich hatte während meiner Zeit als Gewässerökologe mal einen Fall. In einem Hochwasserrückhaltebecken mit Wasserpestplage kam es im Hochsommer zu starker Sauerstoffübersättigung. In den Bach zurück lief das Wasser über einen Fallturm. Danach waren die Werte wieder normal. Um den Fallturm herum bestand die Luft aus reinem Sauerstoff... [img]images/smiles/icon_razz.gif[/img]
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Beitrag von Chinook » 07 Aug 2006 12:16

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat
Sauerstoffübersättigung kommt aber in der Regel nur in stehenden Gewässern mit Massen von höheren Wasserpflanzen und Phytoplankton vor.
Ach ja, stimmt! Also weiter Columbo spielen.
Bleibt die Frage, was unterscheidet die Toten von den Überlebenden? Die Cyprinide/Salmoniden-Vorteils/Nachteils-Theorie scheidet wohl aus, da beispiesweise die Quappe (u.a.) wohl überlebt hat. Ich vermute daher, dass der Auslöser in einer bestimmten Wasserschicht aufgetreten ist, in dem sich die toten Arten befanden. Das spräche eher gegen eine Infektion ...

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Beitrag von Thomas Kalweit » 07 Aug 2006 12:37

Zur Wasserschichtung kommt es normalerweise in Fließgewässern nicht, weil durch die Strömung alles durchmischt wird. Selbst im 5-7 Meter tiefen Rhein hat man am Grund und an der Oberfläche bzgl. Temperatur und chemischer Parameter identische Werte. Columbo muss weiter suchen...

Ich setze auf die alte Faustregel: Sterben Fische verschiedenster Familien: Fischsterben durch chemisch-physikalische Ursache. Sterben Fische nur einer Art oder Familie: Krankheit die Ursache.
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Beitrag von Chinook » 08 Aug 2006 02:01

Ich meinte das nicht in Richtung Schichtung sonder in Richtung Einbringung (z.B. Ölfilm).
<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat
Sterben Fische verschiedenster Familien: Fischsterben durch chemisch-physikalische Ursache. Sterben Fische nur einer Art oder Familie: Krankheit die Ursache.
Ich denke, damit liegt man (fast) immer richtig.

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