Ist Wassserkraft umweltschonend

Was geschieht gerade wo, wie und warum?

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Thomas Kalweit
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Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Thomas Kalweit » 08 Nov 2007 12:48

Offenbar will der BUND eine Fischtreppe an der Elbe verhindern, weil dieser Umweltverband angeblich mehr auf "umweltschonende" Wasserkraft setzt - als auf die Wiedereinbürgerung von Lachs & Co.

Hier eine Pressemitteilung von heute zum Thema:
Happach-Kasan befürwortet Fischtreppe in der Elbe

Die fischereipolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Christel Happach-Kasan, hat Dienstag dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), vorgeworfen, „Erfolge bei der Rückverwandelung der Elbe in einen natürlichen Lebensraum zu gefährden, um ihre ideologisch geprägte Energiepolitik durchsetzen zu können.“

Der BUND will den Bau einer Fischtreppe an der Staustufe Geesthacht/Elbe verhindern. Stattdessen soll nach den Vorstellungen des Verbandes dort ein Wasserkraftwerk mit einer Leistung von 10 MW entstehen, das als Alternative zum Bau des Kohlekraftwerks in Hamburg/Moorburg (geplante Leistung 1.640 MW) angepriesen wird.

„Dass heute wieder Fische in der Elbe leben können, ist ein großer umweltpolitischer Erfolg und Teil der Erfolgsgeschichte der deutschen Wiedervereinigung. In der sauberen Elbe aber müssen die natürlichen Wanderwege der Fische wieder frei sein. Den Weg stromabwärts abzuschneiden, um gerade einmal 0,7 % der Leistung des Kraftwerks Moorburg zu erzeugen, ist naturschutzfeindlich“, erklärt die Bundestagsabgeordnete.

Wenn in ganz Deutschland vermehrt Kraftwerke für fossile Brennstoffe gebaut würden, sei dies nicht die Folge von ungenutzter Wasserkraft, sondern das klimapolitisch verheerende Ergebnis der Ausstiegspolitik aus der Kernenergie, führt Happach-Kasan weiter aus. „Wasch mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass – diese Politik führt nun dazu, dass ein großer deutscher Umweltverband den Tier- und Naturschutz auf dem Altar seiner Ausstiegsideologie opfert."

Happach-Kasan werde sich auch weiterhin für einen möglichst natürlichen Zustand der Elbe einsetzen: „Ich freue mich, dass eine alte Forderung von mir nun Realität werden soll.“

Büro Dr. Christel Happach-Kasan, MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel. (030) 227-70205
Fax (030) 227-76113
Web http://www.happach-kasan.de
Online-Redaktion FISCH & FANG / DER RAUBFISCH
E-Mail: thomas.kalweit@paulparey.de

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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von mzg » 08 Nov 2007 13:54

Hallo,

ich denke vorallem in Kleinwasserkraftbereich wären mit einer vernüngtigen Regeleung der Einspeisevergütung deutlich schonendere Anlagen nötig.
Man könnte dann z.B. viel mehr Restwasser fordern und die Anlagen vorallem zur Ausnutzung höherer Wasserstände dimensionieren. Solcher Strom ist natürlich teurer als der aus im Grundlastbetrieb ganzjährig laufenden Anlagen.
Aber wenn Solarstrom fast 50 Cent bekommt, wieso dann keine vernüftige Regelung für Kleinwasserkraft?

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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Hartmut » 08 Nov 2007 14:04

Wenn in ganz Deutschland vermehrt Kraftwerke für fossile Brennstoffe gebaut würden, sei dies nicht die Folge von ungenutzter Wasserkraft, sondern das klimapolitisch verheerende Ergebnis der Ausstiegspolitik aus der Kernenergie, führt Happach-Kasan weiter aus. „Wasch mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass – diese Politik führt nun dazu, dass ein großer deutscher Umweltverband den Tier- und Naturschutz auf dem Altar seiner Ausstiegsideologie opfert."
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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Smile » 08 Nov 2007 16:50

Nee - so ganz ist das nicht richtig.
Die Windkarftanlagen zum Beispiel, die kommen mit sagen wir einem MW Leistung daher. Das aber nur, wenn ein gleichmäßiger, kräftiger Wind bläst. Ansonsten wird es deutlich weniger bis hin zum Komplettausfall.
Wer von uns wäre denn mit der Anwort zufrieden, dass eben gerade kein Wind bläst, wenn daheim die Lichter ausgehen?
Wasserkraft ist schön und gut. Aber was den Energieinhalt gestauten Wassers angeht, ist der leider nicht so überwältigend groß. Also setzt man entweder auf große Höhenunterschiede oder auf gewaltige Mengen an Wasser. Das wäre etwa bei Gezeitenanlagen der Fall. Oder beliebige Kombinationen aus den beiden Eckdaten.
Der Hase liegt im Pfeffer bei der Tatsache, dass elektrischer Strom praktisch nicht in großen Mengen schnell gespeichert werden kann.
Ergo versucht jeder der Strom erzeugt, immer die riesigen Mengen die normalerweise gebraucht werden in der Hinternhand zu haben. Das ist dann eben der kochende Kessel mit dem Dampf für die Turbinen. Und den mit einem Massendefekt aufzuheizen, der keinen CO2 Effekt auf die Umwelt hat, ist natürlich enorm verführerisch.
Es reicht nicht immer sich auf den Punkt zurückzuziehen: 'Die müssen was machen' Energiesparen ist unsere wichtigste Ressource.
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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Hartmut » 09 Nov 2007 00:30

Nee - so ganz ist das nicht richtig.
seis drum Smile, Mammon bestimmt in erster Linie die Investition, Sachargumente folgen im Schlepptau und werden oft nur als Alibi missbraucht.
Es ist verlockend, die vor sich dahinplätschernde "nutzlose" Energie des Wassers in Energie umzuwandeln.
Nun, Natur- und Umweltschutz lässt sich immer noch sehr schwer in Zahlen ausdrücken. Wie können z.B die natürlichen Resourcen unserer Umwelt in Kosten, Risiko und Gewinn dargestellt werden. Die Grundbegriffe unserer Gesellschaft lauten doch €, $, KW und nicht Arterhaltung, Biodiversität, Umweltschutz, Zukunft....
Wie lässt sich ein natürlicher Flusslauf mit seinen Feuchtgebieten, Auwäldern, Fischwegen, Hochwasserwegen, Kiesbett, Artenvielfalt ... bewerten? Kurzfristig mit 0 Cent!
Langfristig - mit dem Überleben - doch Überleben lässt sich monetär auch nicht ausdrücken, nur ethisch - was nichts zählt (bringt)!
Bezogen auf unser Hobby zeigt diese Seite ein wenig, was die wunderbare Technik für Auswirkungen hat. Fische können nicht Schreien, zumindest können wir ihre Schreie nicht wahrnehmen, wenn sie kläglich verrecken - in unserer super Technik, die so viel Nützt und nur für ein paar Menschen eine schöne Rendite bringt.
Mir kommt nicht nur die Galle hoch, weil für Kriegsgerät, mit dem sich die Krone der Schöpfung gegenseitig den Schädel einschlägt, mehr Geld ausgegeben wird als für den Erhalt und die Erforschung unserer Lebensgrundlage.

Die Pressemitteilungen über VW, Siemens, ENBW, nur um die aktuellen Korruptionsskandale und Bestechungsvorwürfe zu nenen, zeigen doch überdeutlich, wie Kapital funktioniert!

Amen

Hartmut

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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Smile » 09 Nov 2007 07:46

Nee Hartmut,
da haben wir einander aber missverstanden. Ich bin gegen das bepflastern unberührter Regionen mit Windkrafträdern. Ich bin gegen das Stauen um jeden Preis im Namen des Umweltschutzes.
Ich bin dafür in bestimmten Bereichen aktiven Verzicht zu leisten um so Emission zu verringern. Weniger verbrauchen um weniger erzeugen zu müssen. Das ist mein Punkt.
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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Hartmut » 10 Nov 2007 01:44

Moin Smile,

da sind wir der selben Meinung doch, reicht Verzicht mit unseren Möglichkeiten und sparsamer Energieverbrauch?
Ich glaube es nicht und wenn es trotzdem gelingt, sind die Wasserbauwerke zur Stauhaltung noch lange nicht geschleift!

Grüße

Hartmut

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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von pinn » 10 Nov 2007 02:35

Sehr komplexes Thema, mit dem ich mich zugegebenermaßen bisher so gut wie nie befasst habe!

Mir stößt allerdings sauer auf, dass ein Verband, der den Umwelt- und Artenschutz auf seine Fahne geschrieben hat, sich plötzlich auf energiepolitische Standpunkte und Argumentationen beschränkt.

Der Hintergrund ist mir schon klar: Energie aus fossilen Brennstoffen schadet der Umwelt und Kernenergie mag man wegen ihrer großen potentiellen Gefahren verständlicherweise auch nicht. Bis hierhin kann ich die Gedankengänge selber nachvollziehen.

Aber bringt man sich nicht selber in Argumentationsnöte, indem man Projekte favorisiert, gegen die man vor nicht allzu langer Zeit selber war? Gibt es wirklich keine anderen Alternativen mehr? Müssen wir wirklich Flusslandschaften opfern, um unseren Energiebedarf langfristig zu sichern?

Ich fürchte, die Vordenker beim BUND haben sich da etwas verannt.

Gruß, Werner

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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Innfischer » 15 Nov 2007 21:25

Hallo zusammen,

ich vermute, die Naturschutzverbände sind auch ein Stück weit ratlos was die Wasserkraftnutzung angeht. War letzte Woche auf einer Veranstaltung des Landesbundes für Vogelschutz. Thema: "Zerstört die Wasserkraft unsere Natur und Heimat? Was sind uns lebendige Fluss- und Bachauen wert, wieviel Landschaftszerstörung wollen wir noch hinnehmen?".

Der Sachvortrag war auch aus dem Blickwinkel der Anglerschaft fachlich in Ordnung. Kernaussagen: Kein weiterer Ausbau der Wasserkraft. Lösung der Stromenergiefrage durch Ausschöpfen der Energiesparpotentiale/Steigerung der Effizienz und Einsatz von Solartechnik, Biomasse, Geothermie usw.

Der LBV versteht sich übrigens - so hat man mir dort gesagt - nicht als "reiner Vogelschutzverein" sondern als allumfassender Natur- und Umweltschutzverband. Witzig war nur, dass ihnen nicht bewusst war, dass die Wasserkraftnutzung das Paradebeispiel dafür ist, dass eine Sache zugleich 100% positiv für den Umweltschutz aber zugleich genauso negativ für den Naturschutz sein kann. Die sind bisher davon ausgegangen, dass Umwelt- und Naturschutz immer deckungsgleich sind - niemals aber Gegensätze.

Wie gesagt, das war eine lokale Veranstaltung. In Bayern wird dieser Tage aber auch auf Landesebene der Schulterschluss zwischen Fischereiverband, BUND und LBV erprobt. Hier das Tagungsprogramm des gemeinschaftlich ausgerichteten Symposiums "Wasserkraft und Gewässerschutz":
www.lfvbayern.de/media/files/flyer3.pdf
Die letzten beiden Tagungspunkte lauten "Strategien zum Gewässerschutz - Erfahrungen aus Flussallianzen" und "Visionen und Leitbilder: Eine gemeinsame Position zur Wasserkraft". Anwesend die (Landes-)Präsidenten der 3 Verbände. Zünftig wird´s dann, wenn unplanmäßig die Sprache auf den großen schwarzen Vogel kommt ...

Schauma´ mal, wie einer der bedeutensten Denker der Neuzeit zu sagen pflegt.l

Viele Grrüsse
Innfischer

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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Hartmut » 15 Nov 2007 23:00

Eine gute Sache. Vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag, Innfischer.
Nur zusammen können wir etwas erreichen. Wenn sich alle Naturschützer einigen könnten, wäre der Erfolg größer.
Wir können nur hoffen, dass die Hardliner ihre Scheuklappen ablegen und realistisch an diese große Aufgabe herangehen.
Viele unserer verbauten (vergewaltigten) Gewässer und Landschaften lassen sich nicht mehr reparieren, doch kleine Verbesserungen sind auch schon etwas wert.

Grüße

Hartmut

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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von pinn » 18 Nov 2007 10:30

Zitat aus dem Eingangsbeitrag:
Der BUND will den Bau einer Fischtreppe an der Staustufe Geesthacht/Elbe verhindern. Stattdessen soll nach den Vorstellungen des Verbandes dort ein Wasserkraftwerk mit einer Leistung von 10 MW entstehen, das als Alternative zum Bau des Kohlekraftwerks in Hamburg/Moorburg (geplante Leistung 1.640 MW) angepriesen wird.



@ innfischer:
Danke für diese interessante Info. Es geht also auch anders!

Sehr interessant wäre hier sicher eine Stellungnahme des bayrischen BUND zur Unterstützung eines Wasserkraftwerkes an der Elbe durch den BUND und die Absicht dieses Verbandes, den Bau einer Fischtreppe bei Geesthacht/Elbe zu verhindern.

Bleibt uns zu hoffen, dass eine interne Diskussion im BUND stattfindet.

Gruß, Werner

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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Innfischer » 19 Nov 2007 19:25

Hi,

letzten Freitag war das gemeinsame Symposium "Wasserkraft und Gewässerschutz" des Landesfischereiverbandes, BUND und LBV.
Hier nun das gemeinsam verabschiedete Positionspapier:

http://www.lfvbayern.de/media/files/was ... 161107.pdf

Dafür, dass es ein fachübergreifendes Positionspapier ist , kann ich mich als Angler gut wiederfinden. Oder?

Viele Grüsse
Innfischer

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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Smile » 19 Nov 2007 20:15

Ich bin ja völlig begeistert von dem Papier. Das klingt ja richtig nach Sinn!
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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von Iceman1 » 19 Nov 2007 23:40

JA Nicht schlecht :o

Gruss Iceman 8)
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Re: Ist Wassserkraft umweltschonend

Beitrag von pinn » 20 Nov 2007 01:33

Hallo Innfischer,
damit kein falscher Eindruck entsteht: Das gemeinsame Positionspapier von Landesfischereiverband, BUND und LBV finde ich sehr gut und es freut mich wirklich, dass in Bayern solche Diskussionsergebnisse möglich sind!:D

Der Gesamtverband BUND bezieht eventuell etwas andere Positionen... oder?
http://www.bund.net/lab/reddot2/pdf/wasserkraft.pdf

Gruß, Werner
Zuletzt geändert von pinn am 20 Nov 2007 01:50, insgesamt 1-mal geändert.

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