Der Doubs in der Schweiz

Von nah bis fern

Moderator: Thomas Kalweit

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Chinook
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Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Chinook » 10 Aug 2008 11:45

Das letzte Drittel unseres Urlaubs in der Schweiz führte uns auf die Spuren von Charles Ritz an den
Doubs im schweizer Kanton Jura. Zwar gehören der Schweiz von diesem insgesamt 450 km langen
Fluss gerade mal Vierzig, der Rest ist französisch, aber dieses Stück kann tiefgestapelt als das Filet-
stück der Doubs bezeichnet werden. Unverbaut hat sich der Doubs sein Bett in die Kalkfelsen ge-
schnitten und bietet fast an jeder Stelle das Bild einer Modell-Landschaft, die ahnen läßt, dass Gott
wohl doch ein Fliegenfischer sein muss. Tiefe Gumpen, fantastische Schnellen, Kiesbänke, Wasser,
so klar, wie Kristall, eine Landschaft, wie gemalt, Schlupf, dass man meint es schneit, und, und und ...
Doch der Doubs hat auch eine "dunkle Seite". Er gilt (und das kann ich bestätigen) als der, am
schwierigst zu befischenden Flüsse Europas.
[Bilder und Story unter www.rotgetupft.de]
Das schwierige sind nicht die Werfbedingungen. Sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene ist
alle bestens. Das Schwierige sind die Äschen und Forellen, die auch schon so manchen Meister zur
Verzweiflung brachten. Auch den oben genannten Herrn Ritz. Nach einer erfolglosen Fischwaid sich
damit zu trösten, dass der Fluss wohlmöglich leergefischt ist, funktioniert an der schweizer Doubs nicht.
Der Fluss ist rappelvoll und einen Fisch nicht zu sehen ist eine indirekte Aufforderung den Augenarzt
aufzusuchen.

Unser erster Weg führte uns nach Sant Ursenne, einer kleinen mittelalterlichen Stadt mit 700 Ein-
wohnern, in den berühmten Laden 'Articles de pêche' von Herrn Dublin. Laden ist übertrieben.
Schaufensterlos meint man in eine Wohnung einzutreten und findet wohl das weltweit größte und
umfassenste Sortiment an Bindematerial in der Welt. Man spürt in diesem kleinen Laden förmlich
die Liebe zum Fliegenfischen und Herr Dublin nimmt sich für jeden Kunden viel Zeit für die Beratung.
Klar wird nach einem langen Gespräch auch, dass man am Doubs nur mit Mustern kleiner #16 eine
Chance hat. #18 und #20 könnte schon eher eine Äsche oder eine der eigenartigen Doubs-Forellen
überlisten.
[Bilder und Story unter www.rotgetupft.de]
Natürlich kauften wir nicht nur ein paar empfohlene Muster, sondern auch unsere Patente (Fischerei-
Lizenzen). Muster, wie die des Herrn Dublin, haben wir noch nie gesehen. Er ist ein Meister der
Vereinfachung von Mustern und hat über vierzig Jahre an der Doubs experimentiert. So verwundert
uns auch seine Parachute-Empfehlung, die in ihrer Färbung blau-weiss eher an ein Schalke-Muster
erinnert. Das Herr Dublin es mit seiner Beistandsbekundung zum Abschied ernst meint, war daran
zu erkenne, dass er uns seine Handy-Nummer gab mit dem Angebot bei Problemen ihn zu jeder
Tages- und Nachtzeit anzurufen, verbunden mit der Bitte, beim Fang einer echten Doubsforelle,
diese doch wieder zurück zu setzen.

Die Doubsforelle
Eine besondere einzigartige Forellenart, die von ihrer Färbung her als sandgrau und getigert be-
zeichnet wird. Wir würden statt getigert eher barschartig gestreift sagen. Ihr Kopf ist etwas breiter
als bei der Bafo und ihr fehlen die roten Punkte. Auch sind Brust- und Schwanzflosse anders als
bei der klassischen Bafo. Weitere Merkmale sind für die Bestimmung eines Nicht-Hybriden eben-
falls unumgänglich. Interessant im Nachhinein war für uns, dass wir auf den Fotos einschlägiger
Internetseiten keine "reine" Doubsforelle ausmachen konnten. Also: nicht überall, wo Doubsforelle
drauf steht ist auch Doubsforelle drin.


Nach unserer Rückkehr von Sant Ursenne in unser kleines Kuhdorf mit Bar gönnten wir uns erst
mal ein Bier und kamen recht schnell mit Einheimischen ins Gespräch. "Seit dreissig Jahren
fische ich hier", meint unser Wirt mit einem Augenzwinkern, ... "und glaubt mir, den Fischen hier
ist nur mit einer Granate beizukommen. Ich habe meine Gespließte gegen eine Kiste Granaten
eingetauscht!". So etwas macht Hoffnung für den nächsten Tag. Auf unserem Weg zum Nachtlager,
es war schon fast dunkel, mussten wir ein Stück am Fluss vorbei und das laute Schmatzen aller-
orten im Wasser machte uns wieder Mut. So etwas in geballter Form hatten wir noch nie gesehen,
bzw. gehört. Man hatte den Eindruck in ein Zuchtbecken zu schauen. Leider begann unser
Patent erst mit dem nächsten Tag.

Der nächste Tag war sonnig und klar und lud förmlich zum rustikalen Fischen ein. Es gibt nichts
schöneres, als barfuss im Fluss zustehen und den Äschen und Forellen die Ehre zu erweisen.
Nur, ein Fang wollte sich nicht einstellen. Nicht mal ein lustloser Anbiss. Alles zum Greifen nah,
doch völlig unbeeindruckt. Wir wussten noch nicht, dass man nur in der Dämmerung beim Übergang
zur Nacht was fängt ...
Im schweizer Doubs sind übrigens Wathosen verboten und die Fischereipolizei (!) kann dich ruck
zuck in Gewahrsam nehmen ...
[Bilder und Story unter www.rotgetupft.de]
So, jetzt kommt die Stelle für Smile!
Empfohlen wurde uns für das Tagesfischen eine Ameise auf #16er-Haken. Super, hatten wir in unserer
Fliegendose. Vielleicht gelingt uns ja trotz allem ein "Sechser im Lotto".
Bei Festziehen des Knotens passierte es dann. Meine Frau rammt sich den Haken in den Daumen.
Sieht man mal von den Schmerzen im empfindlichen Fingerkuppenbereich ab, eigentlich kein
Problem, fischen wir doch ohne Widerhaken. Dummerweise ließ sich der Köder nicht aus dem Fleisch
bewegen. Alle Versuch und bekannten Tricks blieben erfolglos. War am Ende doch ein Widerhaken
dran? Wir wollten kein Risiko eingehen und brachen unseren Tagestripp ab. Und fuhren ins nächste
Kreisspital. Der Chirurg in der Unfallambulanz war leicht überfordert. Eine derartige Verletzung hatte
er bisher noch nicht gehabt und was heißt, verdammt noch mal, Widerhaken auf französisch?
Da der Haken bis über den Bogen im Fleisch war konnte er sich auch nicht die Form speziell dieses
Hakens vorstellen. Also Bindekoffer in den OP gebracht und einen Zwilling gesucht. Leider war auch
hier kein Modell mit Widerhaken zu finden. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich die typische
schweizer Gelassenheit loben. Alles lief sehr langsam, ruhig aber effizient.
"Es wird schon gelingen!", sagte sich der Kreis des interessierten Krankenhauspersonals, welches
mittlerweile zur Teamgröße angewachsen war. Ich wurde aus dem OP beordert und musste erst mal
warten. Leider ist seit dem 1.6. 2008 (!) in Krankenhäuser des Kantons Rauchverbot, so daß ich mein
Warten in den Park verlegen musste. Nach etwa einer halben Stunde war alles erledigt und wir
konnten unseren Urlaubstag ohne nennenswerte Formalitäten im Spital fortsetzen.
Das Muster war übrigens Widerhakenlos!
[Bilder und Story unter www.rotgetupft.de]
In den folgenden Tagen konnten wir dann viel über den Fluss, den Fisch, das Land und die Leute
erfahren. Jedes Detail wäre einen eigenen Bericht wert. Das Fischen in der Dämmerung war
beeindruckend und es war faszinierend anzusehen, wie schlafwandlerisch sicher Äsche, wie
Forelle beim Einschlürfen der Spents, Original von Fälschung unterschieden. Erst bei minimalsten
Lichtverhältnissen unterlag die eine oder andere einem Irrtum und startete eine Anbiss. Haken ließ
sich leider keine. Ein Grund mehr, dieser Perle von Fluss erneut eine Aufwartung zu machen.
Ja, es gibt Orte an denen man sich sagt: "Wenn du schon sterben musst, dann hier beim Fischen."
[Bilder und Story unter www.rotgetupft.de]
Was es in den ersten zwei Dritteln unseres Schweizurlaubs sonst noch so gab, sei hier kurz angekündigt:
Fischen im Hochgebirge, die schweizer Seen und Gebirgsbäche.

Schön wieder hier im Forum zu sein!
Zuletzt geändert von Chinook am 07 Sep 2008 14:21, insgesamt 1-mal geändert.

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Barta0815
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Re: Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Barta0815 » 10 Aug 2008 12:08

man man man...das freut mich aber für euch, dass ihr einen dermaßen schönen urlaub hattet!!! hier ist gleich mal ein "GUTE BESSERUNG" an deine frau! hatte gestern auch ne fliege im daumen stecken...auch beim festziehen(nasse finger). aber bei mir kam der haken zum glück gleich von selber wieder aus dem fleisch... pickt noch ein bischen, wenn ich drauf drücke, aber sonst ok. kann also nachempfinden, wie sich das bei deiner besseren hälfte angefühlt haben könnte*schauder*
mensch, das ist ja mal ein kurzer, aber detaillierter bericht, der mich fast weinen lässt :lol: das war ja wirklich traumhaft dort! wenn doch mal langsam ein "teleporter" erfunden würde...
würde mich freuen, mit euch beim fliegenfischen nochmal über euren urlaub zu schnakken :wink:
schönen sonntag noch ihr 3 chinooks :D

gruß vom niederrhein

matthias
...mir ******* egal, wer dein Vater ist! Wenn ICH hier angel, geht NIEMAND übers Wasser!!!

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Re: Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Ulli3D » 10 Aug 2008 12:15

Hallo Conny,

Wellcome back und Danke für den schönen Bericht. Bin schon gespannt auf die ersten Teile.

Ulli
Petri Heil aus Sankt Augustin

Ulli

Stefan von Hatten

Re: Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Stefan von Hatten » 10 Aug 2008 12:48

Willkommen zurück! Toller Bericht :-) Deine Bilder werden immer besser!

Petri

Stefan

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Smile
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Re: Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Smile » 10 Aug 2008 15:10

Schönen Bericht hast Du da eingestellt Conny. Ein Genuss dich wieder im Lande zu wissen.
Und gute Besserung an Deine Holde. Da fühlt man sich sowas von doof. Dabei ist das in einem Sekundenbruchteil passiert. Wir zwei machen jetzt den Club der Daumenhaker auf :wink:
...."May the holes in your net be no larger than the fish in it. ~Irish Blessing"
Besser geht es ohne TSKH

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Re: Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Iceman1 » 10 Aug 2008 22:44

Hallo Conny willkommen aus dem hoffentlich erholsamen Urlaub :D

Toller Bericht und die Fotos sind allererste Sahne :D
Bestelle deiner Frau gute Besserung :!:
Das mit der Ruten spitze hat geklappt !
Wir sehen uns bis dann!

Gruss Walter 8)
[img]http://img50.imageshack.us/img50/3438/iceman1nt0.png[/img]

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Hartmut
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Re: Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Hartmut » 21 Aug 2008 22:35

Feine Geschichte, noch viel schöner als der Originalbericht.
Heute konnte ich einen Bachforellen - Jährling nur mit Mühe aus dem BL - Haken lösen, dabei dachte ich an den Widerhaken im Daumen ;-)

Die Geschichte wird mich noch oft am Fischwasser begleiten.

TL

Hartmut

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Re: Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Jondalar » 24 Aug 2008 08:29

Hallo Chinook

Hast also doch was in der Schweiz gefunden. Danke für den Bericht. Da bekomm ich ja gleich wieder Lust meinen Kumpel zu besuchen und mit Ihm die Forellen zu ärgern.

Die Sache mit den Widerhaken ist schon auch was Tolles. Wer kann sowas schon vorzeigen. Ich ärgere mich jetzt noch im nachhinein das ich von meinem Widerhakenerlebnis (4er Drilling im Daumen) keine Bilder gemacht hab. :cry:
Grüsse von der Donau

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Re: Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Spinnfischer12 » 25 Aug 2008 13:03

Au Weiha wie geil ist dieser Bericht denn? :D Echt geiler Bericht + sehr schöne Bilder.

Danke und willkommen zurück

mfg Spinnfischer12

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Cactus
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Re: Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Cactus » 25 Aug 2008 15:14

Hallo Chinook,

danke für den schönen Bericht und die Fotos. Ich hoffe, dass euch beim nächsten Besuch der Fang einer "Gestreiften" gelingt und euch ähnliche Hakenerlebnisse erspart bleiben.

Grüsse
Heinz

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Re: Der Doubs in der Schweiz

Beitrag von Fischerfreak » 25 Aug 2008 18:58

echt schöner bericht bis auf den finger
Wär Rechtschreibveler vinded darv sie behalten ,
wiel ich ovt die wechstaben verbuchsel und nichd schraibhen can .

petri an alle

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