Eiskalte Träumereien

Literarisches & Kulinarisches von Anglern für Angler

Moderator: Thomas Kalweit

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Chinook
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Eiskalte Träumereien

Beitrag von Chinook » 12 Jan 2009 14:05

Wieder mal unterwegs am bestbewachten Rheinabschnitt Deutschlands. Meinem! Der Weißer Bogen
im Süden Kölns. Bestbewacht deshalb, da ich hier nahezu täglich mit meinem Hund unterwegs bin
und jede noch so kleine Unregelmäßigkeit mir sofort ins Auge springt. Meine häufigen Besuche werden
über die Zeit auch schon von der ansässigen Vogelwelt, insbesondere Wildgänse (Kanada-Gänse) toleriert
und sorgen kaum noch für Aufregung.
Dieses Jahr ist mein (!) Abschnitt etwas ganz besonderes. Hat es doch seit mindestens zwei Jahrzehnten
keine so lange andauernde Kälte gegeben. Der Rhein hat extrem wenig Wasser für die Jahreszeit und
zwischen den Kribben (Bunen) ist das Wasser, welches den Weg zurück in den Strom nicht mehr gepackt
hat zu kleinen Seen gefroren.
Erinnerungen kommen hoch. Anfang 1980 im Februar hatten wir hier eine ähnlich
lange Frostzeit. Nur, hatten wir dazu noch Hochwasser und die überfluteten Auenwälder wurden zu den
rasantesten Schlittschuhstrecken meines Lebens. Mancher kennt die Sequenz aus Star Wars VI (Dritter Film),
in der mit motorradähnlichen Fluggeräten eine halsbrecherische Verfolgungsjagd durch die Wälder von
Endor zu sehen war. So hat man sich das vorzustellen.
Meine eiskalten Träumereien werden durch das Anzeigen (Pointen) meines Hundes unterbrochen, der sich
neben ein komisch aussehendes Stöckchen setzt. Kaum zu glauben. Eine vereiste Spinnrute. Zumindest ein
Teil davon.
Bild
Kenner könnten jetzt wohlmöglich sagen: "Von wegen Spinnrute. Der spinnt! Das ist doch eine Polonese- oder
sogar eine Matsch-Rute." .
Man möge mir verzeihen! Alle Ruten, wo der Rollenhalter näher am Blank als am Butt ist, sind für mich Spinnruten.

Jedenfalls das Teil sieht noch recht gut aus. Zumindest auf den ersten Blick. Kaum zu glauben das jemand so
etwas einfach liegen lässt. Unvermittelt schaue ich mich um, ob im ausladenden freigelegten Wurzelwerk der
Auenbäume gar noch der dazugehörige Angler konserviert ist. Quatsch! Das hätte meine Töle doch zu erst bemerkt.
Obwohl, so an den Haaren herbeigezogen ist das nicht. Ist doch der Angler in der Ausübung seines Hobbys
ganz oben in der Todesstatistik. Knapp hinter Motorsport. Und der Rhein gibt oft erst viel später seine Beute frei.
Zwangsläufig fällt mir dieser makabere Anglerwitz ein, wo zwei Angler einen absaufenden Selbstmörder retten
wollen und einer beherzt nach dem Ertrinkenden taucht ... OK! Langer Bart. Lassen wir das.
Oder der, wo ein Spaziergänger auch noch andere Ausrüstungsteile und Kleidungsstücke findet ... Gähn!

So, Dr. Watson, betrachten wir das "Rutengeheimnis" mal analytisch. Wäre die Rute ein Beweisstück A für einen
Unfall oder gar ein Gewaltverbrechen, wäre noch eine Rolle an der Rute. Das fehlen der anderen Rutensegmente
kann vernachlässigt werden, da viele Ursachen in Betracht kommen können. Ein Abriss der Rolle ist unwahrscheinlich,
da der Rollenhalter aufgedreht ist. Daraus folgt: Unfall unwahrscheinlich, da kein Angler in Angesicht des Nassen Todes
seine Rolle retten würde (oder etwa doch?). Bleiben als Ursache für das Beweisstücks A nur noch ein Gewaltverbrechen
oder achtloses Wegwerfen. Gewaltverbrechen scheidet vermutlich auch aus. Das wird die Spurensicherung wohl
bestätigen. Ein Gewaltverbrechen hätte in zwei Formen stattgefunden. Entweder der Angler wäre hinterrücks
überfallen worden, was wiederum auch nicht die geöffnete Rutenhalterung erklärt, denn für den Täter wäre es leichter
gewesen die ganze Rute mitzunehmen. Was auch insgesamt unauffälliger wäre. Auch das der Täter später die Rolle
entfernt hat und die Rute achtlos weggeworfen hat, scheint unwahrscheinlich. Der Täter wäre demnach nur in Anglerkreisen
zu suchen. Bekanntermaßen ist aber entsprechend ruchloses Volk in Anglerkreisen nicht vorhanden (Delikteklientel).
Es gäbe noch viele Indizien, mein lieber Watson, die ein Gewaltverbrechen ausschlissen. Ich denke eher es handelt sich
um einen Angler, der aus Wut über seinen ausbleibenden Fangerfolg, die Rute weggeworfen hat. Unerfahren muss er
wohl obendrein gewesen sein, denn Heinz und Käthe, das einzige abschnittsbevollmächtige Kormoranpaar zwischen
Rheinkilometer 678 und 682 sagen dir: "Hier ist der Rhein klinisch sauber aber biologisch tot! "


P.S. Aus meinen Erfahrung der letzten Zeit habe ich jetzt immer einen Foto mit

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Iceman1
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Re: Eiskalte Träumereien

Beitrag von Iceman1 » 12 Jan 2009 19:11

:D :D :D :D Genial Conny :!:
Du solltes doch Schriftsteller werden !

Gruss Walter 8)
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Niederbayer

Re: Eiskalte Träumereien

Beitrag von Niederbayer » 13 Jan 2009 10:50

Oder doch lieber ein Sherlock Holmes :lol: :lol: :lol:

Wieder einmal nett geschrieben - ist immer eine nette Ablenkung!

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