Kescher - ganz anders

Literarisches & Kulinarisches von Anglern für Angler

Moderator: Thomas Kalweit

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Hartmut
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Beitrag von Hartmut » 27 Jan 2006 00:40

Oft stimmt die Witterung mit der häuslichen Planung nicht überein, daher muss an besonders fischigen Tagen ein Kompromiss her, für die Balance des Haussegens und das Wohlbefinden des Fischers.
Leider nützt die Hausfrau und Mutter an solch besonders fängigen Tagen, wenn die Maifliegen schlüpfen und die Fische wie verrückt steigen, das gute Wetter aus und bearbeitet den angesammelten Wäscheberg mit Hingabe bis in die Abenddämmerung. So könnt ihr sicher ahnen, auf wessen Seite die Vorteile beim notwendigen Deal für ein paar freie Stunden am Fischwasser liegen und gnadenlos ausgenutzt werden.
So wird aus einem unbeschwerten ein beschwertes Fischen, das in etwa so aussieht: Junior in der Rückentrage, in die immerhin schon eine integrierte Wickeltasche unter dem Sitzteil eingearbeitet ist.Hundeleine mit Foxterrier am Gürtel befestigt und zusätzlich noch etwas Angelzeug, verteilt in Hemd- und Hosentaschen. In der Hektik des Aufbruchs kann es schon mal passieren, dass so wichtige Utensilien wie ein Kescher zurückbleiben, weil keine Hand mehr frei ist und Sohnemann lautstark nach dem ersten Fisch ruft. Die ersten Meter vom Auto in Richtung Wasser gehen meist noch gut, doch sobald der Junge glaubt, die ersten Ringe zu sehen und mit Zappeln beginnt, fängt der Hund zu spinnen an und reisst mit einem Satz wie verrückt an der Leine, dass das „Vaterschiff“ gehörig ins Schwanken kommt. Ein vorsichtiges Anpirschen an die so fängigen Stellen ist schon vereitelt, so bleibt nur noch die Hoffnung, dass die geflüchteten Fische schnell wieder an ihre alten Standplätze zurückkehren, bevor mein Begleiter die Hosen voll hat und just in dem Moment die volle Aufmerksamkeit benötigt, wenn entweder die Fische beissen oder bereits einer an der Angel hängt und sich nach Kräften gegen einen unfreiwilligen Landausflug wehrt.
In so einer Situation war ich einmal gezwungen, den Hund abzuleinen, damit ich eine schöne Bachforelle ohne Kescher übers flache Ufer anlanden konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte mein Hund noch nie einen Ball oder Stock apportiert, geschweige denn freiwillig wieder hergegeben. Ich war so auf den Fisch konzentriert, dass ich meinen Hund nicht mehr beachtete. Plötzlich kam Bewegung ins Wasser, denn mein Vierbeiner sprang mit einem Satz ins Wasser, schnappte die Forelle und brachte sie mir mit einem stolzen Ausdruck an Land, wo er sie mir vor die Füsse legte. Die starken Terrierzähne hinterließen keine sichtbaren Verletzungen an der 30er Bachforelle, so konnte ich sie nahezu unversehrt wieder zurücksetzen. Ein regelmäßiger Einsatz dieses Keschers kommt allerdings nicht in Frage, obwohl er spontan alles richtig gemacht hat.

Werner B.
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Beitrag von Werner B. » 27 Jan 2006 00:49

Hallo Hartmut,

"Fliegenfischen ist eine Tätigkeit, die es einem Mann gestattet, in Würde und Frieden mit sich allein zu sein."

John Steinbeck

[ 26. Januar 2006: Beitrag editiert von: Werner B. ]
Gruß Werner
Die Lage ist ziemlich unkomfortabel

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Beitrag von Hartmut » 27 Jan 2006 00:53

Hallo Werner,

leider gab ich meinen Begleitern die falschen Namen, sonst wäre ich mit Würde und Frieden alleine gewesen.

Viele Grüße

Hartmut

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Chinook
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Beitrag von Chinook » 27 Jan 2006 10:33

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat
Wenn im Schlachtengetümmel auch Pfeile zu tausenden auf dich niederprasseln, so ist das für dein Gemüt ohne Bedeutung. Achte nur darauf nicht deine Mütze zu verlieren
(nach Musashi in "Die Kunst das Schwert zu führen")

Hartmut, es ist immer noch eines der großen Geheimnisse für mich, wie Hunde das "Geschäft" des Jagens an sich erfassen und mitarbeiten. Ein Tipp: im Gegensatz zum Menschen ist ein Hund bis ins hohe Alter lernfähig. Übe mit deinem Terrier das Anpirschen. Wenn er's dann kann, wird er besser sein als du. Dann lernst du was von ihm.

Gruss C.

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Beitrag von Hartmut » 27 Jan 2006 19:04

Danke für den Spruch Chinook, er erinnert mich an die "sparsame" schwäbische Variante
"Kopf hoch, auch wenn der Hals noch so dreckig ist"

So aufmerksam und glücklich wie an diesem Tag erlebte ich meinen Hund nur selten. Ungefähr ein Jahr später fing ich bei dem Versuch einen Karpfen mit der Nymphe zu haken ein handlanges Rotauge. Einer meiner älteren Söhe hakte den Fisch ab und ließ den vor Aufregung zitternden Terrier an dem Fischlein schnuppern. Dieser machte zu unserer Überrschung kurzen Prozess und schluckten das Rotauge mit drei Bissen hinunter. Wahrscheinlich war sein Frust über das ständige Zuschauen so groß, dass er auf diese Weise seinen Anteil einforderte.
Wenn er jetzt auch noch das Anpirschen lernt, kann ich meine Angelausrüstung getrost zu Hause lassen.
Forellenterrier könnte dann die neue Unterart aus dieser Dressurlinie heissen.

Grüße Hartmut

Werner B.
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Beitrag von Werner B. » 27 Jan 2006 20:30

@ Hartmut und Chinook,
auf die Gefahr hin, dass ihr mich Unwissenden mit Verachtung straft, ich als fanatischer Nichthundebesitzer kenne die Tölen ( Verzeihung den besten Freund des Menschen )nur als irrlichterndes Wesen, was beim Fliegenfischen stets am falschen Ort das Falsche tut und nervige Geräusche absondert. ( Ich war einmal mit einem Hundebesitzer und Hund zusammen fischen. Das hat mich schwer traumatisiert und sich unauslöschlich in meine unschuldige Seele eingebrannt. )
Gruß Werner
Die Lage ist ziemlich unkomfortabel

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Beitrag von Hartmut » 27 Jan 2006 21:35

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat
Ich war einmal mit einem Hundebesitzer und Hund zusammen fischen. Das hat mich schwer traumatisiert
Hallo Werner,

da ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin, kannte ich die Mühen und die Verantwortung, die mit Tieren, samt Hofhund verbunden sind. Aus diesen Gründen habe ich mich lange gegen die Anschaffung eines Hundes gewehrt. Irgendwann brach mein mürbe gewordener Widerstand gegen das vierbeinige Haustier und ich willigte ein, wenn der Hund das Handtaschenformat nicht überschreitet, wenig frisst und dem zufolge wenig Mist macht! Nun, was ich nicht wissen konnte war, ein kleiner Terrier ist ein großer Hund (riesiger Hund).
Meine Frau meldete sich auf dem Hundeplatz an, denn in der Sozialisierungsphase ist es wichtig, den Kontakt zu anderen Hunden und deren Menschen aufzubauen, damit das neue Familienmitglied lernt, was seine Familie von ihm erwartet.
Woran es liegt, dass dieser kleine Raufer nur mich akzeptierte, kann ich nicht sagen. Fazit: Der Junghund ging mit mir zum Hundeplatz und ich lernte, wie er behandelt werden sollte. Mit der Zeit erkannte ich, dass der Hund mich erzog, weil es ungemein schwerer ist, gegen die natürlichen Veranlagungen eines Tieres zu arbeiten, als diese zu nützen.
Aus heutiger Sicht hat sich der Aufwand, einen Hund zu halten, gelohnt. Unsere Kinder wuchsen mit einem familienverträglichen Hund auf, lernten die Hundesprache und können auch mit anderen Tieren sehr gut umgehen.
Ich wage mittlerweile die Aussage: “Wer einen Hund richtig erziehen kann, kann auch einen Menschen erziehen“
Die Ergebnisse sind in beiden Fällen gleich!

Viele Grüße

Hartmut

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