Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Literarisches & Kulinarisches von Anglern für Angler

Moderator: Thomas Kalweit

Werner B.
Erfahrener User
Erfahrener User
Beiträge: 439
Registriert: 14 Jul 2004 03:01
Wohnort: Wassenberg

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Werner B. » 02 Dez 2005 19:36

Eine Fortsetzungsgeschichte

In der folgenden Geschichte geht es um das Thema Anglerlatein. Sie ist so lang, wie die "Geschichte" des Anglerlateins, deshalb erscheint sie in Fortsetzungen .........

Anglerlatein und Lakritzschleien

Bekanntlich neigen Menschen sowohl zu Übertreibungen als auch zu Untertreibungen. Die Aussage: „Nichtangler sind arme Menschen“ gehört zweifellos zu einer dieser beiden Kategorien. Nur zu welcher sie gehört, weiß ich nicht genau, denn das kommt sehr auf den persönlichen Standpunkt des Anglers an. „Angler lügen“ ist eine genauso wenig hilfreiche Pauschalbehauptung, denn ich kenne genügend Angler, die überhaupt nicht oder fast überhaupt nicht lügen. Es gibt natürlich- das wird jedem Angler einleuchten- unvorhersehbare Umstände, bei denen man gar nicht anders kann, als Zahl und Größe der Fische nach oben abzurunden. Und dazu werden wir seit Tausenden von Jahren gezwungen, ja Sie lesen richtig- gezwungen.

Halten wir uns doch einmal folgende Situation vor Augen :
Wir befinden uns in der Altsteinzeit. Die Menschen sind Jäger, Angler und Sammler und ernähren sich von allem, was irgendwie essbar aussieht. „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ sitzt in sein Bärenfell gehüllt am Ufer eines Sees und lässt von der Spitze eines Haselnusssteckens eine aus Pferdehaar gedrehte Leine ins Wasser baumeln, an deren Ende sich ein Haken befindet. Diesen Haken hat er in aufwendiger Heimarbeit aus einem Knochen geschnitzt und auf ihm krümmt sich ein Tauwurm. Er hat einen schweren inneren Kampf ausfechten müssen, um den Wurm nicht selber zu essen, aber hat sich zugunsten seiner Sippe überwunden. Nach Stunden hat noch immer nichts gebissen und er schleicht missmutig und vorsichtig die Wölfe umgehend zu seiner Wohnhöhle zurück.
Doch was erwartet ihn da ? Fünf zeternde und schimpfende Frauen. Anstatt angeln zu gehen, hätte er ja auch Nützlicheres tun können, nämlich aus den Knochenresten der letzten Mahlzeit schmucke Näh- und Ziernadeln schnitzen. So erfährt „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ Missbilligung in fünffacher Ausfertigung. Die nächsten beiden Versuche enden auf die gleiche Weise und Sippenmitglieder, die ihn gerne als Rudelchef ablösen möchten, kratzen an seiner Reputation, indem sie beginnen, ihn hinter vorgehaltener Hand „DER ANGEBLICH DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ oder „DER MIT SEINEN FRAUEN STREITET“ zu nennen.
Doch so leicht möchte er den Konkurrenten das Feld und die Frauen nicht überlassen. Glücklicherweise bringt er beim nächsten Versuch zwei halbstarke Döbel mit. Wirklich zufrieden mit seiner Leistung ist keiner, aber immerhin ist ein Aufschwung in Sicht. Und jetzt macht er eine bahnbrechende Entdeckung, die die Anglerwelt revolutioniert : Als er in buntesten Farben vom unglaublich schwierigen Kampf mit den Döbeln berichtet, rutscht ihm aus Versehen und im Überschwang ein großer Karpfen in die Schilderung. Leider sei er ihm im letzten Augenblick vom chemisch nicht geschärften Haken gerutscht. Und er sieht, wie die Gesichter sich aufhellen und Bewunderung in fünffacher Ausfertigung streichelt sein Selbstwertgefühl. Ja, wenn das so einfach ist, denkt er sich, warum sollte er dann nicht.......... Das Weitere können wir uns denken. Und im Laufe seines- für die damaligen Verhältnisse langen- Lebens von 35 Jahren perfektioniert er die Einflechtung von großen im letzten Augenblick entkommenen Fischen in seine Erzählungen. Diesen „Geheimzauber“, mit dem man Lebensgefährtinnen zu freundlicher Bewunderung der eigenen Person veranlassen kann, gibt er auf dem Sterbebett unter dem Siegel der Verschwiegenheit natürlich an seine Söhne weiter, die ihrerseits das Gleiche tun usw. Und so verbreitet sich mit der Generationenabfolge die segensreiche Wirkung des Anglerlateins bis heute auf die gleiche Weise.

Doch wir erinnern uns daran, dass das Anglerlatein nicht nur erfunden wurde, um Frauen freundlich zu stimmen. Denn „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ hatte Konkurrenz aus dem Felde zu schlagen. Nun kann man der Meinung sein, wer sich fünf Frauen an den Hals hänge, sei sein Unglück selber schuld, denn das bedeutet ja nicht nur ein abwechslungsreiches Liebesleben, sondern auch verfünffachte Versorgungsansprüche. Die Kinder und Kindeskinder von „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ haben das richtig erkannt, und deshalb herrscht heutzutage offiziell die Monogamie vor. Prinzipiell ändert das aber nichts daran, dass der männliche Angler nach wie vor eine Art Balztanz aufführen muss, um mögliche Lebensgefährtinnen von seinen Vorzügen zu überzeugen.

Fortsetzung folgt
Gruß Werner
Die Lage ist ziemlich unkomfortabel

Benutzeravatar
Chinook
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 2301
Registriert: 10 Mai 2005 03:01

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Chinook » 02 Dez 2005 23:05

Da ich dich wegen deiner sauberen Recherchen schätze freue ich mich auf deine Interpretation der römischen Geschichte und die Rolle des Imperiums in Sachen piscator latinuum bzw. die wundersame Wandlung vom pisciculus zum piscis.

Auch freue ich mich schon auf Tinas Guten-Nacht-Geschichte.

Gruss C.

Werner B.
Erfahrener User
Erfahrener User
Beiträge: 439
Registriert: 14 Jul 2004 03:01
Wohnort: Wassenberg

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Werner B. » 03 Dez 2005 01:03

Lieber Chinook

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat
die wundersame Wandlung vom pisciculus zum piscis.
findet leider seit der Zeiten des Homo erectus in nahezu unveränderter Form bis heute statt.

Ich muss also aus Gründen der Kürze so einiges aussparen. Dazu gehören die Griechen nebst Lustknaben, das Imperium Romanum, die Wirren der Völkerwanderung, Ludwig der XIV und, und .......
Gruß Werner
Die Lage ist ziemlich unkomfortabel

Werner B.
Erfahrener User
Erfahrener User
Beiträge: 439
Registriert: 14 Jul 2004 03:01
Wohnort: Wassenberg

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Werner B. » 05 Dez 2005 19:53

Fortsetzung 1

Das darf man jetzt nicht missverstehen. Ein Jungangler, der in das Discothekengedröhn hinein seinem weiblichen Zielobjekt Angelerlebnisse von großen Fischen zubrüllt, dürfte nur in eng begrenzten Ausnahmefällen wirklich erfolgreich sein.
Nein, das Anglerlatein hat die gleiche Funktion, wie das Röhren des Platzhirsches. Der will nämlich durch sein Geschrei vor allem die Konkurrenten von seiner Stärke überzeugen. In der Paarungszeit röhrt er immer dann, wenn irgendwo ein anderer männlicher Hirsch in der Nähe ist. Da männliche Menschen aber nicht an bestimmte Paarungszeiten gebunden sind, „brüllen“ sie sozusagen immer, zumindest solange sie jung sind. Das kann man natürlich auch seinen tiefergelegten Opel Manta machen lassen, aber Angler „röhren“ eben auf die Weise, dass sie immer dann, wenn eine Beuteerfragungssituation auftritt, Anglerlatein erzählen.
Was bedeutet dieses schwierige Wort Beutedingsda........
jetzt eigentlich ?
Ganz einfach: Bei einem Stammestreffen anlässlich einer Völlerei an einer erlegten Mammutherde trifft „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ andere Angler und Jäger, was in jenen Zeiten kaum zu vermeiden war. Erwartungsvoll sehen alle sich gegenseitig an, und bevor jemand fragen kann, berichtet „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ von seinen tatsächlichen und erfundenen Fängen der letzten 20 Jahre bis zum Tag vor dem Stammestreffen. Er weiß um die segensreiche Wirkung des Anglerlateins - was damals freilich noch anders hieß, weil Latein noch nicht erfunden war. Alle bewundern ihn und er überlegt, ob er nicht noch um eine sechste Frau balzen soll.

Eine Beuteerfragungssituation ist also eine Situation, in der ein beliebiger Jemand nach der Beute fragen könnte. Am besten kommt man allen Fragen zuvor, indem man sämtliche Großtaten von vor dreißig Jahren bis zu fünf Minuten vor dem Treffen abspult. Wenn man Fragen gar nicht erst zulässt, hat man die Situation in der Hand, denn Angriff ist die beste Verteidigung. Deshalb antwortet - auf das obige Beispiel übertragen- der kluge Hirsch nicht, sondern brüllt zuerst.

Natürlich müssen wir uns klarmachen, dass Anglerlatein nicht nur segensreiche Wirkungen hat, sondern auch erhebliche Nachteile. Da „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ 12 Söhne und 48 Enkel hatte, ist klar, dass in der Enkelgeneration 48 Angler um die segensreiche Wirkung von Anglerlatein wussten. Aber jeder einzelne wusste auch, dass die anderen 47 das Geheimnis, das nun keines mehr war, kannten. Das hatte zur Folge, dass jeder vom anderen annahm, dass dieser log. Und so kam es, dass Latein und Wahrheit gar nicht mehr voneinander zu unterscheiden waren. Außerdem logen die Enkel von „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ so aus- und andauernd, dass die, die älter als 20 Jahre wurden, zuletzt selber nicht mehr wussten, ob sie das, was sie gerade erzählten, auch wirklich erlebt hatten. Und wenn sie sich selbst schon nicht mehr trauten, wieso dann irgendjemand anderem ?
Damit Sie- lieber Leser- nicht glauben, das Ganze sei ein prähistorisches Problem, das man vernachlässigen könne, weil die Enkel von „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ längst gestorben sind, möchte ich Ihnen kurz von einem älteren Angelkollegen berichten, den nach 40 Jahren Anglerlatein das gleiche Schicksal ereilt hat.
Dieser Angler läuft morgens sofort zum Fenster, wenn der Wecker klingelt, um sich mit einem Blick zur Sonne zu vergewissern, dass tatsächlich Morgen ist und nicht etwa schon Abend. Wenn der Himmel bedeckt ist, ruft er die Zeitansage an und telefoniert zusätzlich unter irgendeinem Vorwand mit der Kreisverwaltung. Wenn es vor neun Uhr ist, meldet sich da
noch niemand, wenn es nach 11 Uhr ist niemand mehr. Sie wissen schon : gleitende Arbeitszeit. So kann er relativ genau die Aussagen seines Weckers überprüfen.
Er traut auch seiner Frau nicht mehr und vergewissert sich täglich einmal durch einen Blick in sein Familienstammbuch, dass er mit der Frau, die ihm die Maden aus dem Angelgeschäft mitbringt und neben der er schläft, auch tatsächlich seit 40 Jahren verheiratet ist.

Fortsetzung folgt
Gruß Werner
Die Lage ist ziemlich unkomfortabel

Benutzeravatar
Chinook
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 2301
Registriert: 10 Mai 2005 03:01

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Chinook » 06 Dez 2005 10:39

OK, Werner aber wann taucht denn jetzt endlich Freud auf und die Sache mit dem *****neid? Oder bin ich historisch nicht mehr auf dem Laufenden?

Werner B.
Erfahrener User
Erfahrener User
Beiträge: 439
Registriert: 14 Jul 2004 03:01
Wohnort: Wassenberg

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Werner B. » 06 Dez 2005 12:16

Freud war ein "Spekulant" und der .....neid ist eine reine Erfindung. Ich versichere dir, dass beim Anglerlatein ausschließlich die von mir erforschten Motive eine Rolle spielen und dass wir Angler hilflose Opfer des "evolutionären Scherzes" sind, irgendwelchen weiblichen Wesen imponieren zu müssen. Wir haben es nur wenig besser getroffen als der Auerhahn, der sich aufplustern muss, um irgendeine dieser nach nichts aussehenden Hennen zu bekommen.

[ 06. Dezember 2005: Beitrag editiert von: Werner B. ]
Gruß Werner
Die Lage ist ziemlich unkomfortabel

Benutzeravatar
Chinook
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 2301
Registriert: 10 Mai 2005 03:01

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Chinook » 06 Dez 2005 12:51

An die Moderation:
Der durchge-x-te Begriff ist kein Fäkalwort und in offiziellen Schulbüchern (z.B. Schmolke-Deitermann) ein Fachterminus.
Auch im Hinblick auf Woody Allans 70ten Geburtstag, der einen großen Teil seiner Schaffenskraft diesem Thema gewidmet hat ("Wer sagt das *****neid nur bei Frauen vorkommt"), bitte ich vom "schwarzen Balken" abzusehen.

Benutzeravatar
Chinook
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 2301
Registriert: 10 Mai 2005 03:01

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Chinook » 06 Dez 2005 12:58

Sorry Herr Moderator,
will grade mal was testen:

In den Alpen ist es schön.
In den Al pen ist es schön.
In den al Pen Ist e schön.
In den al*****t es schön.
In den al*****t es schön.
In den Al ***** t es schön.
In den Al *****tes schön.
Indenal*****tesschön.

Benutzeravatar
Chinook
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 2301
Registriert: 10 Mai 2005 03:01

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Chinook » 06 Dez 2005 12:59

OK, Moderator alles klar!

Werner B.
Erfahrener User
Erfahrener User
Beiträge: 439
Registriert: 14 Jul 2004 03:01
Wohnort: Wassenberg

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Werner B. » 06 Dez 2005 17:19

Fortsetzung 2

Nachdem wir nun Ursachen, Zweck und Folgen des Anglerlateins geklärt haben, wissen wir, dass wir völlig schuldlos sind, denn erstens hat „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ diese Sprache erfunden und zweitens sind die Gesellschaft und die Biologie schuld. Die Erstere, weil sie auch sonst an allem schuld ist und uns zum Erfolg beim Fischefangen verdammt und die Biologie, weil wir im Grunde immer noch die gleiche elende Baggerei veranstalten müssen wie „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“.
Doch etwas ganz Wichtiges müssen wir uns noch klarmachen : Anglerlatein ist nicht gleich Anglerlatein. Das weiß jeder, der diese Sprache hinreichend beherrscht. Das leuchtet auch ein, wenn wir uns den Weg unseres altsteinzeitlichen Sprachgründers vor Augen führen. Von den ersten verlegenen Übertreibungen bis zur vollständig schamfreien Münchhausengeschichte ist ein langer Weg zurückzulegen. Es gibt Anglerlatein, das mit feinen, kaum feststellbaren Unwahrheitsbröckchen durchsetzt ist und anderes, an dem nur das Jahrhundert wahr ist, in dem das Ereignis stattgefunden haben soll. Wie kann so etwas geschehen ?
Es beginnt damit, dass einer unserer leidgeprüften Angelkollegen in einer Beuteerfragungssituation die Halbwahrheit sagt, weiß, was er tut, und sich dafür schämt.
Und es endet damit, dass der durch jahrelange Praxis abgestumpfte Kollege sich kein bisschen dafür schämt, dass er in jeder denkbaren Situation Wahrheit, Halbwahrheit und Lüge zu einer unentwirrbaren Perücke verknotet, wobei er genau weiß, was wahr ist, seine Mitangler aber nicht einmal wissen, ob sein Guten-Morgen-Gruß wahr ist und deshalb jedes Mal auf die Uhr sehen.
Zwischen diesen Extremen gibt es natürlich ein Menge Abstufungen, die ich hier nicht alle aufzählen kann,
weil sie den Rahmen dieser Geschichte sprengen würden. Einige dieser Abstufungen kann der Angler allein natürlich so nicht abdecken. Diese gelten dann logischerweise zum Beispiel für angelnde Politiker oder politisierende Angler. Und selbstverständlich gibt es auch fließende Übergange.
Wir müssen uns nun noch klarmachen, dass alles, was hier erörtert wurde, keinesfalls für Anglerinnen gilt. Allein schon deshalb, weil es politisch nicht korrekt wäre zu unterschlagen, dass Frauen bessere Menschen sind. Ihnen soll ja das männlich aggressive Konkurrenzdenken völlig fehlen. Wenn das wirklich so ist und wir es mit der Gleichberechtigung von Anglern und Anglerinnen wirklich ernst meinen, müssen wir nun folgerichtig die Quotenlügnerin einführen, aber das ist nicht Thema dieser Geschichte.


So, jetzt müssen wir uns aus der Altsteinzeit endgültig verabschieden und die Angelegenheit unter modernen Voraussetzungen betrachten. Das geht nun am besten, wenn wir dies am Beispiel von Hans Sch. tun. Mit ihm ist die Hauptrolle im folgenden Drama besetzt und manchmal habe ich den Verdacht, dass er eine Wiedergeburt von „DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT“ ist, der als Hans Sch. auf die Welt gekommen ist, um sein „Zerstörungswerk“ zu Ende zu bringen.

Er ist einer jener Sonderfälle, deren Wahrheitsliebe auf dem Weg zu unseren Treffen so schnell abnimmt, wie die Quecksilbersäule des Fieberthermometers ansteigt, wenn man zwecks Simulation einer Krankheit ein Streichholz daranhält. Mit jedem Meter, den diese Sonderfälle sich Angelkollegen oder anderen potentiellen Beuteerfragern nähern, mutieren sie mehr und mehr zu einem seltsamen Zwitterwesen, welches jede harmlose Frage wahrheitsgemäß beantwortet und im nächsten Augenblick bei der Frage nach dem gestrigen Fang am Fluss lügt, dass sich die Balken biegen.
Leider ist Hans Sch. den Anglern zuzurechnen, die sich kein bisschen dafür schämen, dass sie in jeder denkbaren Situation Wahrheit, Halbwahrheit und Lüge zu einer unentwirrbaren Perücke verknoten............., na Sie wissen schon.
Dieser mit dem Status des Sonderfalls in unserem Verein ausgestattete Hans Sch. war bzw. ist eine Person, die erstens der schon erwähnten „Rentnerbande“ zuzurechnen ist, was ihn von vorneherein verdächtig macht, der zweitens etliche Jahrzehnte erfolgreichen Fischens in seiner Erinnerung hat und drittens aus den schon erwähnten Gründen auf eine reiche Praxis in der Wahrheitsumgehung zurückblicken kann. Im Laufe seines Anglerdaseins hat er einige problematische Gewohnheiten entwickelt. Eine davon ist, dass er regelmäßig des Sonntags auf der Geräteschuppenterrasse aufzutauchen pflegt, um die Erlebnisse der hinter ihm liegenden Angelwoche zu erzählen und sie dabei von allen denkbaren Standpunkten aus zu betrachten und betrachten zu lassen. Das ist, wie man sich denken kann, ziemlich morgenfüllend. Was aber die Sache zusätzlich und vielleicht auch unnötig kompliziert, ist seine Eigenschaft, von der Realität hier und da kleinere oder größere Ausflüge in die Fiktion zu unternehmen. Böswilligkeit kann man ihm keinesfalls unterstellen. Hans Sch. ist mit großem Erzähltalent ausgestattet und findet dementsprechend aufmerksame Zuhörer. Wenn er mitten in der Geschichte ist, bemerkt niemand den Übergang von der Realität zur Fiktion und ebenso wenig die Rückkehr zur Ersteren. Er selbst bemerkt das wahrscheinlich auch nicht. Gegen halbeins verabschiedet er sich gewöhnlich zum Mittagessen und lässt eine ratlose Zuhörergemeinde zurück, die sich bemüht, das aus einem Realitätsfaden und einem Fiktionsfaden gestrickte Knäuel zu entwirren.

Fortsetzung folgt
Gruß Werner
Die Lage ist ziemlich unkomfortabel

Benutzeravatar
Chinook
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 2301
Registriert: 10 Mai 2005 03:01

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Chinook » 06 Dez 2005 17:34

... aber Werner, wissen wir denn nicht, dass die Wahrheit ein so kostbares Gut ist, dass sie immer sparsam verwendet werden sollte? Wem ist da ein Vorwurf zu machen?

Benutzeravatar
Thomas Kalweit
Administrator
Administrator
Beiträge: 7832
Registriert: 15 Okt 2002 03:01
Wohnort: Singhofen
Kontaktdaten:

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Thomas Kalweit » 06 Dez 2005 17:55

@chinook: Die Forumssoftware editiert ein paar "nichtanglerische" Wörter automatisch. Das macht mir die Arbeit etwas einfacher [img]images/smiles/icon_wink.gif[/img] . Sicher lässt sich der P-Neid auch auf Angler anwenden. Alles dreht sich um "Wer hat den größeren/längeren Fisch gefangen?" - tiefenpsychologisch liegt das sicher auf der gleichen Schiene. Sollten wir mal drüber nachdenken [img]images/smiles/icon_rolleyes.gif[/img] ...
Online-Redaktion FISCH & FANG / DER RAUBFISCH
E-Mail: thomas.kalweit@paulparey.de

Werner B.
Erfahrener User
Erfahrener User
Beiträge: 439
Registriert: 14 Jul 2004 03:01
Wohnort: Wassenberg

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Werner B. » 06 Dez 2005 18:49

@ Chinook
Erkenne ich da etwa eine gewisse Seelenverwandtschaft zwischen Hans Sch. und dir ? Bist du etwa die Reinkarnation eines der Enkel von DER DIE GROSSEN FISCHE FÄNGT ?

Aber warte ab, Hans ist unerreichbar, was du noch sehen/lesen wirst.

[ 06. Dezember 2005: Beitrag editiert von: Werner B. ]
Gruß Werner
Die Lage ist ziemlich unkomfortabel

Benutzeravatar
Chinook
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 2301
Registriert: 10 Mai 2005 03:01

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Chinook » 06 Dez 2005 23:08

@thomas: schon gecheckt! Deshalb auch der obige Test. Angeregt durch Werners historisch/anthropologische Betrachtung versuche ich gerade psychologische Belege bezüglich "Grosse Fischfangen" in den verschiedenen Schulen zu finden. Ich denke da z.B. Adlers "Minderwertigkeits-Thesen" oder Jungs "Archetypus".

@werner: Sind wir nicht alle ein bischen Hans Sch.? Was meine Fänge angeht habe ich (3 Finger hoch) noch nie gelogen. Höchstens bei der kräftezehrenden Härte des Drills habe ich mal hie und da etwas die Wahrheit erfunden. Letztendlich habe ich einst bei meinem ersten Irlandaufenthalt Blarneys Stein geküsst (kleines Rätsel am Rande).

[ 06. Dezember 2005: Beitrag editiert von: Chinook ]

Benutzeravatar
Hartmut
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 2640
Registriert: 04 Aug 2005 03:01
Wohnort: Stuttgart

Historische Anmerkungen zum Anglerlatein

Beitrag von Hartmut » 07 Dez 2005 00:49

@Chinook
.....und die meisten Iren können garnicht auf den Turm, die sind nämlich von Haus aus nicht schwindelfrei [img]images/smiles/icon_wink.gif[/img]

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 117 Gäste