Mein erstes Angelerlebnis

Literarisches & Kulinarisches von Anglern für Angler

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Garnele
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Mein erstes Angelerlebnis

Beitrag von Garnele » 08 Dez 2005 15:43

Es ist schon einige Jahre her, damals war ich gerade mal sechs Jahre alt, als ein Bekannter meiner Eltern, für uns Kinder war es immer Onkel Willy, von seinem vergangenen Angeltrip berichtete. Seine Erzählung hatte mich so fasziniert das meine Augen und mein Mund, vor Begeisterung offen standen. Als dann die eher im Scherz gemeinte Frage kam, ob ich mal mitkommen möchte, sprudelte ich über vor Freude und meinen Eltern blieb kaum etwas anderes übrig als dem zuzustimmen. Die Woche bis es endlich so weit war, wollte und wollte nicht vergehen. Endlich war es Freitag. Der Tag auf den ich so sehnsüchtig gewartet habe. Meine Sachen hatte ich schon zwei Tage vorher in meinem Rucksack verpackt, denn wir wollten ein ganzes Wochenende im Anglerheim verbringen. Die Unruhe die ich ausstrahlte machte meine Familie fast Wahnsinnig, ständig rannte ich von der Küche zum Wohnzimmerfenster und zurück, bis ich plötzlich das Auto von Onkel Willy erblicken konnte. So schnell wie an diesem Tag hatte ich noch nie meine Schuhe angezogen und meinen Rucksack übergeworfen. Endlich ging es los. Mein Rücksack und mein Schlafzeug war schnell im Framo von Onkel Willy verstaut, toll ich durfte das erste mal im Auto vorne sitzen. Nach ca. einer halben Stunde fahrt, kamen wir endlich am Anglerheim an. Es war ein riesiges Gelände, auf dem ein großes Bootshaus und viele kleine Hütten standen. In unserer Unterkunft angekommen bereiteten wir alles vor für unseren Angeltrip, Onkel Willy erklärte mir alles und ließ mich mithelfen das Anfuttermaterial zusammenzustellen. Aus seinem Spind holte er alle möglichen Sachen hervor, wie Haferflocken, altes Brot usw. und das mixten wir dann mit Erde zusammen und ließen es einweichen. Von mal zu mal wurde das Anglerheim immer belebter und einige von den Anglern veräppelten meinen Onkel mit Sprüchen wie „ haste dir Verstärkung mit gebracht, dass du diese Wochenende nicht wieder leer ausgehst „. Wir suchten noch ein paar Würmer vom Komposthaufen zusammen und dann waren unsere Vorbereitungen erledigt. Tja was nun? Um schlafen zu gehen war ich noch zu aufgeregt gewesen, dass hatte mein Onkel auch mitbekommen also packte er mich und wir setzten uns in Boot und ruderten raus auf den See, bis zu der Stelle an der wir am nächsten Tag unser Glück versuchen wollten. Mein Onkel erklärte mir genau wie groß ich die Bälle mit dem Anfutterzeug formen sollte, eine schmierige Angelegenheit war das schon, aber wie Onkel Willy sagte „auch das gehört dazu und schließlich wollen wir die Fische doch anlocken und an diese Stelle gewöhnen „. Also gut rein mit den patsche Händen und gemacht was Onkel Willy gesagt hat, schließlich muss er es ja wissen. Nachdem wir mit dem anfüttern fertig waren, ruderte mein Onkel ein Stück weiter. Mittlerweile ging die Sonne so langsam unter. Mein Onkel holte seine Pfeife raus stopfte sie sich und zündete sie an, als er meinen fragenden Blick sah meinte er nur „ warte einen Augenblick „ reichte mir einen Lutscher und sprach keinen Ton mehr. Eine Weile später zeigte er mit den Fingern in die Richtung in der die Sonne unterging, aus dem grün der Bäume wurde jetzt fast ein schwarz und die wenigen Wolken die, die Sonne umgaben färbten sich gelbrot. Wir saßen noch eine weile dort und mein Onkel erzählte noch ein paar Angelgeschichten, dabei beobachteten wir die Vögel die zu ihren Nachtplätzen flogen und die Sonne die nun so langsam hinter den Bäumen verschwand. Es sah wunderschön aus. Am Steg wieder angekommen, machten wir uns in den großen Aufenthaltsraum auf in dem die anderen Angler sich versammelt hatten. Einer von ihnen saß am Klavier und spielte. An den Wänden hingen ausgestopfte Fische und Urkunden und in einem Schrank standen einige Pokale die, die Angler von hier in den Jahren bei Wettkämpfen gewonnen haben. Es war alles sehr aufregend für mich, zwischen den großen zu sitzen mit meiner Limo in der Hand und ihnen beim Geschichten erzählen zuzuhören. Irgendwann muss ich dann wohl eingeschlafen sein, ich habe es nicht einmal mitbekommen wie mein Onkel mich ins Bett gebracht hatte. Es war noch dunkel draußen als mein Onkel an meinem Bett stand und mich weckte, an jeden anderen Tag hätte ich sicherlich noch etwas zeit gebraucht aufzustehen. Heute nicht, ich sprang aus meinen Bett, so dass mein Onkel selbst einen Schreck bekam. Eins drei fix war meine Stulle aufgegessen und ich stand bereit für mein erstes großes Angelabenteuer. Am Steg angekommen, verstauten wir die ganzen Angelsachen im Boot. Die Sonne versuchte so langsam sich durchzuboxen und über dem Wasser war eine leichte Nebelschicht als wir dann endlich aufbrachen. Wir ruderten langsam zu der Stelle an der wir am Vortag die Fütterbällen eingebracht hatten und mein Onkel verankerte das Boot. Nun war es endlich so weit und er drückte mir meine Angel in die Hand, eine 4 m lange Bambusrute. Er zeigte mir wie man eine kleine Teigkugel am Haken befestigt und machte diese wieder ab, so das ich meinen Haken selbst beködern musste. Dann warf ich meine Angel aus und das im wahrsten Sinne des Wortes, die Pose klatschte nur so auf die Oberfläche. Mein Onkel schmunzelte und zeigte mir noch mal wie es richtig geht und ich muss sagen von mal zu mal klappte es besser mit dem auswerfen. Als ich bemerkte das mein Onkel seine Angel noch im Boot lag, erklärte er mir das er erst einmal seine Angel liegen lässt um mir gleich helfen zu können wenn es nötig wird. Ups, meine Pose fing mit einmal an zu tanzen, ich wollte gerade anhauen wie ein Mann, als mein Onkel sagte „warten". Als wäre es gestern gewesen, kann ich mich noch daran erinnern, wie aufgeregt ich war. Das kribbeln im Bauch und die Anspannung werde ich wohl nie vergessen. Meine Pose zuckte hin und her bis sie endlich unter der Wasseroberfläche verschwand. Mein Onkel saß mittlerweile hinter mir und hielt meine Hand fest mit der ich die Rute hielt und setzte den Anhieb, dadurch merkte ich das es nur aus dem Handgelenk kommen durfte. Tatsächlich am Haken hing ein Fisch, langsam führte ich den Fisch zum Boot nach Anweisungen meines Onkels. Mein erster selbst gefangener Fisch war eine Plötze von 15 cm. Mein strahlen im Gesicht war so groß das meine Ohren besuch von meinen Mundwinkeln bekam. Als mein Onkel dann noch sagte, dass es ein guter Fang ist und er Stolz auf mich ist, war ich überaus glücklich. Ganz aufgeregt versuchte ich die Plötze abzuhaken, sie zappelte umher und versuchte immer wieder aus meinen, damals noch kleinen Händen zu entkommen. Endlich der Haken war raus und die Plötze verschwand im Setzkescher, den mein Onkel zwischenzeitlich am Boot festgemacht hatte. Es dauerte nicht lange und die nächste Teigkugel war befestigt und meine Angel wieder ausgeworfen. Kurz hinter einander fing ich 8 Rotaugen. Erst jetzt machte mein Onkel auch seine Angel fertig und warf sie aus. Doppel Ups, man hörte kaum wie die Pose auf der Wasseroberfläche auftraf, mein Onkel grinste und sagte nur „lass mal, ist gar nicht so schwer bekommst du auch noch hin". Mittlerweile hatten wir nach und nach eine Menge Rotaugen und ein paar Karauschen gefangen als mein Onkel seine Angelspitze krumm wie ein Flitzebogen wurde. Oh, sagte er und meinte jetzt kommt was großes, tatsächlich mein Onkel hatte nach einigen Minuten einen schönen Karpfen gelandet. Etwas Enttäuscht weil meine letzten zwei Rotaugen gerade mal 10 cm groß waren, blickte ich meinen Onkel an und fragte ihn warum ich nicht einen so großen Fisch bekomme, sondern immer nur so kleine. Sein grinsen im Gesicht verriet mir das jetzt noch was kommt und richtig. Er sagte „die kleinen sind die besten", er nahm einen dieser Zwerge und hakte ihn an eine andere Angel mit einer ziemlich großen Pose und warf sie in Richtung Schilfsgürtel, sagte nur noch „ schön aufpassen, wenn die verschwindet dann wird es interessant" und paffte weiter seine Pfeife. Es dauerte nicht lange, meine Augen gingen immer hin und her, von meiner Pose zu der großen Pose und wieder zurück. Plötzlich legte sich meine Pose hin, richtete sich wieder auf, stellte sich schräg, wanderte im Kreis, legte sich wieder hin, stand wieder, so ging es eine ganze Weile. Mein Onkel sagte nur, wenn sie abtaucht warte einen Moment länger als sonst, bevor du anhaust. Endlich verschwand sie, als mein Onkel jetzt sagte, setzte ich den Anhieb und oh Gott was ist da jetzt für ein Monster dran. Nach ca. 15 Minuten konnte ich meine erste Schleie begrüßen, sie war sage und schreibe 48 cm groß. „Na, nur warten muss man und dann kommen auch die großen" hörte ich meinen Onkel sagen und er hatte recht. Eine Weile später klopfte ich meinem Onkel auf den Rücken „deine große Pose ist verschwunden" und ich konnte beobachten wie die Schnur nur so von der Rolle gezogen wurde. Dann ruhe, nichts passierte. Inzwischen habe ich meine Angel im Boot abgelegt, weil ich auf keinen Fall verpassen wollte was jetzt passiert. Nach ungefähr 5 Minuten wurde wieder Schnur von der Rolle gezogen und mein Onkel Willy setzte der Flucht ein Ende, schloss den Bügel der Rolle und als die Schnur straff war setzte er den Anhieb. Das Geräusch der Rollenbremse habe ich immer noch im Ohr. Es dauerte eine Ewigkeit bis wir den Fisch das erste mal zu Gesicht bekamen, immer wieder versuchte er zu flüchten, bis er endlich ungefähr 15 m vor dem Boot seitlich an der Oberfläche zu sehen war. Mein Onkel gab mir die Angel, die wesentlich schwerer war als meine und sagte „ schön straff halten und langsam rankurbeln", er hatte schon den Unterfangkescher ins Wasser gelassen und so konnte ich den Fisch langsam drüber ziehen. Es war ein Prachtkerl von Hecht, ganze 1,18 m lang und 21 Pfund schwer. Anschließend packten wir zusammen und ruderten zum Steg zurück. Im Gepäck diesen tollen Hecht, einen Karpfen, meine wundervolle Schleie und eine Menge Rotaugen und Karauschen. Das war ein Tag, die Angler die uns beobachteten wie wir zurückkamen und lächelnd fragten ob ich nun ein Glücksbringer für Onkel Willy bin, mussten feststellen das ihr Tag nicht so erfolgreich war wie unser. Am meisten aber bejubelten sie meine Schleie und der Klavierspieler Maxe überreichte mir beim gemeinsamen Abendbrot eine selbst gemachte Urkunde „Angler des Tages", man war ich stolz. Nun stand eines für mich fest, eines Tages möchte ich auch so ein erfahrener Angler sein wie mein Onkel Willy. Meine Eltern stimmten dem zu das ich des Öfteren mit meinem Onkel zum angeln gehen darf und so wurde ich nach und nach an das schönste Hobby der Welt herangeführt. Einige Zeit später wurde ich dann Mitglied im Angelverein meines Onkels und konnte von ihm und den anderen älteren und erfahrenen Anglern viel lernen.
Der Hecht wurde übrigens präpariert und hing viele Jahre in unserem Verein im Aufenthaltsraum. Leider ist mein Onkel Willy schon vor einigen Jahren gestorben, aber jede Schleie die ich fange erinnert mich an ihn und an meinen ersten Angeltag.
Am liebsten erinnere ich mich an die Zukunft.

Salvador Dalí (1904-89), span. surrealist. Maler

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Hartmut
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Mein erstes Angelerlebnis

Beitrag von Hartmut » 08 Dez 2005 16:49

Klasse Garnele, so brauche ich über Weihnachten keine weiteren Bücher, wenn die Geschichten und Erzählungen im Forum weiterhin so sprudeln [img]images/smiles/icon_wink.gif[/img]
Ein Lob an alle Autoren, die gerne Wahre- und andere Geschichten ins Forum stellen.

Viele Grüße an alle

Hartmut

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Mein erstes Angelerlebnis

Beitrag von Harry1 » 08 Dez 2005 23:04

Uuiii so eine Geschichte hat doch was, die Beste bisher Garnele. [img]images/smiles/icon_cool.gif[/img]

Da fehlt wirklich nichts was ein tolles Angelwochenende ausmacht, vielleicht das Alter welches ja leider nicht zurück geschraubt werden kann. [img]images/smiles/icon_smile.gif[/img]
mfG. Harry1

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