Mein Freund der Aitel

Literarisches & Kulinarisches von Anglern für Angler

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andalG
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Mein Freund der Aitel

Beitrag von andalG » 06 Dez 2005 18:33

Mit der Spezialisierung hat sich auch im Laufe der Zeit ein beinahe freundschaftlich-persönliches Verhältnis zu einigen Fischen aufgebaut. Aus England ist ja bekannt, dass Kapitale mit eigenen Namen versehen werden. So weit gehe ich zwar nicht, Namen kann ich mir eh schlecht merken, aber der Spleen ist mir nicht fremd!

Vor einigen Jahren habe ich in einem sehr unscheinbaren Wiesenbach einen Aitel entdeckt, der dort unter überhängenden Büschen lebte, vermutlich tut er das immer noch. Der war nicht mal so besonders, aber mit seinen 51 cm für den kleinen Bach schon ein ansehnlicher Fisch. Der Bach selber ist leider ein bedauernswertes Opfer der Flurbereinigung der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Wie mit dem Lineal gezogen schneidet er sich durch die Wiesen, richtige Strukturen sucht man vergebens. Bis eben auf die paar Weiden und Erlen die von den Landwirten gnädigerweise verschont geblieben sind. Dazu kommen dann noch eine Brücke, zwei Kurven auf gut 2000 m Streckenlänge und ein kleiner Wehrkolk an der Einmündung eines Grabens. Ein Angelgewässer, dass die große Mehrheit der Angler spöttisch abtut, da ja “eh nix drin ist”. Ein Glück, dass sie unwissend bleiben!

Zurück zum Aitel, um den es in der Geschichte ja geht.

So weit wäre das nicht der Rede wert, wenn er denn mal gebissen hätte. Tat er aber nicht! Einen ganzen Sommer lang. Von nichts ließ er sich verführen. Bei der zweiten, oder dritten Drift kam er unter den Büschen hervor, begutachtete den Köder und zog sich dann wieder zurück. Dann war er für Stunden in einer tiefen Meditation. Man hätte ihn wohl mit der Mistgabel herausstechen können, aber das ist nicht Sinn und Zweck der Übung.

Ich wollte ihn doch einfach nur einmal fangen, ihm nicht mal meine Küche von innen zeigen, einfach nur mit meinen bevorzugten Methoden fangen. Ihn mit einem geschickt platzierten Naturköder überlisten. Möglicherweise wäre es ja auch mit einem Spinnköder gegangen, aber die sind nun mal nicht “my cup of tea” und in so einem Bächlein schon gar nicht. Das Unstete des Spinnangelns liegt mir nicht am Herzen. Aber es war nichts zu machen. Ganz egal, ob mit einer ungebremst treibenden Pose, mit einer verzögerten Pose, stationär auf Grund und der Freien Leine. Nichts! Alle möglichen Schmankerl habe ich ihm angeboten. Würmer, Maden, Käse, Köderfische am Stück und als feines Filet, Brot, Mais, Krischen und Bananen, Leber, Wurst, alle erdenklichen Teige. Dazu bekam er auch immer einige kleine Kostproben, von denen er sogar nahm. Nur nicht den Happen mit meinem Haken. Woche für Woche das gleiche frustrierende Spielchen!

Da wächst man dann schon im Geiste zusammen und die Hassliebe sprießt und gedeiht. Für Außenstehende mag das sicher mehr als eigenartig gewirkt haben, wenn da ein Fischer mit der Gerte am Ufer sitzt und mit grimmiger Mimik unter die Büsche ins Wasser murmelt. Man mag es ihnen nachsehen, wer hält sonst schon Monologe für einen Aitel, nachdem der ihm zum weiß Gott wievielten Male die kalte Flosse gezeigt hat!

Ende September ging dann diese Beziehung ganz prosaisch zu Ende. Ich schlenzte mehr lustlos, als an einen Erfolg glaubend einen ordinären Wurm unter die Stauden und mein Freund schnappte arglos zu, als sei er eine unerfahrene Satzforelle. Ein bisschen Gezerre und er lag im Kescher. Für den ganzen Aufwand und meine Hingabe hätte er schon mit etwas mehr Elan brillieren können. Aber so war er halt, mein Aitel. Ein träger Sack, der seine Stärken in der Beharrlichkeit unter den Büschen wusste.

Danach war dann irgendwie eine Leere, fast eine Enttäuschung. Monatelang hatte mich ein einzelner Fisch genarrt und schwer beschäftigt zugleich. Was dann noch bleibt, ist nach einem neuen Problem für die vielen schönen Lösungen zu suchen. Die ich dann natürlich auch wieder fand.

Ich hoffe meinem Freund dort unter den Büschen im kleinen Wiesenbach geht es noch gut. Besucht habe ich ihn seit jenem Freitag Ende September nicht mehr. Freundschaften soll man ja bekanntlich nicht zu sehr strapazieren.

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Beitrag von Thomas Kalweit » 06 Dez 2005 18:48

Schöne Geschichte! Du kennst ja auch meine Döbel-Leidenschaft. Werde im Januar einen sonnigen Hochdrucktag den Lahndöbeln widmen. Hähnchenleber am unbewegten Blei soll ja im Winter top sein. Ich habe mir letzten Sonntag auf einem belgischen Angelflohmarkt noch eine Centrepin (meine dritte [img]images/smiles/icon_biggrin.gif[/img]

[ 06. Dezember 2005: Beitrag editiert von: Thomas Kalweit ]
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Beitrag von andalG » 06 Dez 2005 18:53

Hühnerleber geht in der Kälte normal sehr gut. Am besten natürlich, wenn man die Tage vorher unauffällige Spaziergänge an den Platz macht.

Übrigens Centrepins... ein Bekannter baut gerade an eine Kleinserie Laufrollen, ähnlich der Stucki. Die sollen so um die 90,- € kosten. Ich bin schon sehr gespannt auf die Dinger!

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Beitrag von Thomas Kalweit » 06 Dez 2005 19:04

Du kannst ja mal berichten, wenn sie fertig sind. Ich habe meine für 17 Euro "geschossen". Allerdings ist sie auch schon arg gebraucht, macht aber nix, dass bin ich auch [img]images/smiles/icon_wink.gif[/img] .

Die Floatcraft hat schon so manche Maasbarbe an Land geholt, die Rolle war komplett mit eingetrocknetem Anfutter überkrustet. Aber gerade das gibt mir ein gutes Gefühl.
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Beitrag von andalG » 06 Dez 2005 19:39

Mit so günstig geschossenen Schnäppchen macht es dann auch besonders Spass. Ich habe mir am Wochenende eine handgebaute Ledgerrute aus einem Hardy-Blank gegönnt. Der Verkäufer wusste auch nicht so recht, was er da verscherbelt. Hardy Fibalite in 10' 1.50 lbs., da kann man für 45,50 € nicht jammern.

Die Rollen werden so Anfang des neuen Jahres fertig sein, dann schicke ich Dir mal ein paar Bilder davon zu.

Mit der Lahn hast Du aber auch ein Döbelgewässer der allerersten Sorte zur Verfügung. Wenn ich mir die prächtigen Aitel anschaue, die der Lahni in diesem Jahr so rein nebenbei in Weilburg beim Spinnfischen gefangen hat, dann juckt es mich immer mehr, dort mal gezielt auf die Döbel zu fischen!

Gruß
Andal

[ 06. Dezember 2005: Beitrag editiert von: andalG ]
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Beitrag von Chinook » 06 Dez 2005 23:34

Da werden Erinnerungen wach. Sommer 2004. Ol' Rose, eine Regenbogen. Harten Brocken gebe ich immer Frauennamen (bitte jetzt nichts psychologisches). Gefangen habe ich die nicht. Nur fast. Beim Anbiss war ich so überrascht, dass ich so ziemlich alles versemmelt habe. So bleibt die Sehnsucht.

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Beitrag von Thomas Kalweit » 07 Dez 2005 11:40

@Andal: Wenn ich zum Döbelangeln losziehe, dann genau in der Gegend wo auch der Lahnfischer aktiv ist. Dort ist für Gastkartenangler zwar nur Friedfischangeln erlaubt - das macht mir bei den schönen Barben und Döbeln aber nix. Ich hatte diesen Sommer einen 55er Döbel auf Käsewürfel in der Innenstadt eines geheimen Lahnstädtchens (und noch ein paar gute 45er). Tolle Angelei: mit den Watstiefel weit im Fluß stehend, die Döbel standen im Auslauf eines Wehres. Die Bisse fühlten sich an, als würde man vom Zug angefahren [img]images/smiles/icon_wink.gif[/img] .
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