Angeln mit Hund

Literarisches & Kulinarisches von Anglern für Angler

Moderator: Thomas Kalweit

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Chinook
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Angeln mit Hund

Beitrag von Chinook » 02 Dez 2005 16:50

Fast 18 Jahre hat es gedauert bis sich unsere Wohnverhältnisse so änderten, dass wir uns wieder einen Hund zutrauten. In der Regel sucht sich der Hund seinen Menschen, in unserem Fall wurden wir von einem Beagle bzw. einer Beaglin ausgewählt. Was auch immer für Bilder beim Leser diesbezüglich entstehen mögen, Streunerrasse, Drogenhund, Jäger und, und, und. Eins war klar. Sie sollte zum Anglerhund erzogen werden. Mit der Sicht auf nunmehr zwei zurückliegenden Jahren ist das auch ziemlich gut gelungen. Für alle Nacheiferer nun mein diesbezügliches Vermächtnis:

Erste und wichtigste Einübung: Die Rute ist kein Stöckchen.
Wie ist dieses Problem zu lösen zumal (aus Sicht des Hundes) kein Unterschied in Figur und Wurfbewegungsablauf zu erkennen ist? Hinzu kommt das Erkennen der Welt via Fang in der Prägungsphase welches den Hund gerade zu zwingt alles in den Mund zu nehmen. Das Zahnen und die damit verbundene Schmerzlinderungsversuche durch Alles-Ankauen erschwert das Übrige.
Manchmal flüstert ein Engel einem blitzschnell etwas ins Ohr, so auch mir auf unserem ersten gemeinsamen Angelausflug. Die montierte Fliegenrute, Spitze nach vorne tragend, lief meine Kleine (gemeint ist der Hund) brav bei Fuß mit mir einen Trampelpfad stromab. Völlig unvermittelt sprang mein Hund zur wippenden Rutenspitze. Die Absicht war offensichtlich. Statt ein grollendes Nein auszustoßen um das "Beutemachen" zu unterbinden entfuhr mir ein quiekendes Au (man sieht, wie verwachsen ich mit meiner Rute bin). Ein betroffener Blick meines Hundes, der mich verletzt wähnte und ein fürsorgliches Heilen wollen durch Lecken bewirkte, dass fortan Ruten als externes Körperteil eines Menschen betrachtet wurden.
Als nicht-behundeter Mensch muss man sich den besten Freund des Menschen ein wenig, wie Don Quichote vorstellen, zumindest, was das Gemüt angeht: aus Windmühlen werden Riesen, Ruten zu verlängerten Armen (was im Grunde ja auch stimmt).

Zweite Einübung, empierisch geboren: Angler bekommen schnell Panik
Ist beim Hunde erstmal die Angelleidenschaft geweckt, werden an den Gewässern auch andere Angler wahrgenommen und es ist ganz natürlich zu inspizieren, was da so an Gerätschaften vorhanden ist. Viele Angler bekommen geradezu Panikattacken, wenn sich ein Hund ihrem Schwenkbereich nähert. Nicht ganz unberechtigt. Auch ich wurde mitten im Drill schon mal Opfer eines Setters mit dem Namen "Der-will-nur-Spielen". "Genau das ist das Problem", war meine Antwort nachdem sich der Setter in meiner am Boden liegenden Wurfschnur verheddert hatte. Ohne den Abschnitt Revierverteidigung vorwegzunehmen, Hund hilft gegen Hund.
Die bestmögliche Eignung des Beagle als Trümmer- oder Drogenhund ist leidlich bekannt und so mancher Flugreisende hat das freundliche Anspringen eines solchen Diensthundes am Kofferband nicht als vorweggenommene Verhaftung gesehen. Was tut es da Wunder, dass mangels Drogen sich des Beagles Diensteifer auf Angelkisten und Anfütterungs-Eimerchen nach dem Motto "i will do my very best" erstreckt. Dem gestressten Anglerkollegen beruhige ich mit einem kurzen "Petri heil" und "ist ein Anglerhund". Zwar wird das fortgesetze Inspizieren dennoch skeptisch beäugt aber man sieht, wie die Spannung der Erleichterung weicht. Tritt dieser Zustand nicht ein, sind vermutlich doch Drogen in der Ausrüstung anzunehmen. Übrigens ist mein Hund immer ein kleiner Eisbrecher um mit den Anglerkollegen ins Gespräch zu kommen.

Dritte Einübung, die eigentlich die zweite hätte sein müssen: Fliegen sind kein Leckerchen
Manche Fliege (auch Gummifische, Wobbler usw.) sieht auch für den Hund recht verführerisch aus. Kurz und schmerzvoll: ich habe meinem Hund mit einer 14er Adams (BL) in die Lefzen gepiekst. Ruhe im Karton. Ausser Hasenmasken werden komischer Weise auch die Bauteile in Ruhe gelassen.

Vierte und schönste Einübung: Drillübungen
Als meine Frau und ich unsere Neuner-Einhand bekamen wurde das an einem Grillnachmittag ordentlich gefeiert und wir wollten (in Bierlaune) die guten Stücke mal ausreizen. Mangels angemessener Fliege band ich einen Hundekuchen in Knochenform ans Vorfach um ein Realverhalten bei Leerwürfen auszumachen (ich höre jetzt so manchen schreien). Hunde sind in der Lage ausgesprochen fein zu differenzieren und so kam es, dass das Nachsetzverbot beim Werfen aus Sicht unseres Hundes hier eine Abwandlung erfuhr. Sie setzte nach und erhaschte den Kuchen nach dem Ablegen der Schnur. Reflexartig holte ich die Schnur ein aber mein Hund gab die Schnur, besser den Kuchen nicht frei. Es wurde ein kurzes Gezerre denn so ein Kuchen hält einem Drill nicht lange stand. Aber die Methode "Beagle als Lachsersatz beim Drillen" war geboren. Eine unbezahlbare Entdeckung, die uns unvergessene Übungsstunden bescherten. Ausserdem vertiefen Zerrspiele das Verhältnis zwischen Hund und Mensch. Ich hab mal irgendwo gelesen, Zerrspiele sind aus Sicht des Hundes so was, wie gemeinsam Essen gehen.

Fünfte und am meisten unterschätzte Einübung: Flusstauglichkeit
Im See baden gehen ist das eine. Mit einem Hund durch einen Fluss waten ein anderes. Hier zeigt sich am stärksten das Vertrauensverhältnis. Gut, ein Labrador spratzt einfach so durch eine Furt. Ein Beagle berührt da schon mit dem Bauch das Wasser. Dennoch irgendwie haben die Viehcher das im Blut. Es ist erstaunlich, wie ohne hydraulisch/nautische Kenntnisse Hunde den Weg mit dem geringsten Wasserdruck durch den Fluss finden. Noch erstaunlicher ist, dass der Hund (zumindest unserer) ein Durchwaten vermeidet, wenn zu erkennen ist, dass die Strecke nicht bewältig werden kann. Aber am aller erstaunlichsten ist mein Mut, dass ich in solchen Fällen christoferus-gleich unser Mädchen durch die Fluten trage. Nur meine Frau weiss um den Wert einer solchen heldenhaften Tat, denn Waten ist nicht so sehr mein Ding.

Sechste Einübung, die eigentlich keine ist: Revierverteidigung
Es ist äußerst komfortabel im Fluss zu stehen und seine Rucksack am Ufer zu lassen. Es ist äußerst komfortabel durch Bellen über sich nähernden Leuten informiert zu werden. Revierverteidigung kommt mit der Zeit von alleine, muss also nicht extra geübt werden.

Ausblick: Wo steht der Fisch
Einen Hund als Guide zu haben wäre das Größte. Ansätze, dass unser Hund an potentiellen Stellen verharrt, weil irgend etwas irritierendes im Wasser ist wurden beobachten. Kann aber auch sein, dass wir uns das zu sehen wünschen. Kann auch sein, dass unser Hund gar nichts sieht und nur durch Beobachtung unseres Verhaltens unser Stehenbleiben vorweg nimmt. Aber, wie sagte schon mein Vorbild Forrest Gump: "Dan sagt alles ist Zufall, Mama sagt alles ist Fügung. Wahrscheinlich ist beides wahr."

Werner B.
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Angeln mit Hund

Beitrag von Werner B. » 02 Dez 2005 19:24

Mensch Chinook,
musstest du "Salz in meine Wunden reiben" . Im Gegensatz zu dir beschränken sich meine Erlebnisse mit Hund beim Fischen auf die Erfahrung :"Der will nur spielen", "der hat noch nie jemand gebissen, das ist das erste Mal", "das sind Sie selber schuld, wenn Sie mit einer Angel herumfuchteln, regt der Hund sich auf, der meint, Sie wollten ihn schlagen", "die Gummihose kann doch nicht so viel kosten, da setzt man einen Flicken drauf und fertig."

An einer vielbegangenen Strecke!

Diese Erlebnisse habe mein Vertrauen in Hundebesitzer und ihre erzieherischen Fähigkeiten restlos zerstört.Wenn es mir auf einer höheren Erleuchtungsstufe eines Tages gelingt, die Dinge mit Humor zu betrachten, werde ich sie so gekonnt wiedergeben wie du, einstweilen gehe ich zum Psychiater, um die von dir wieder "geweckten" Traumata behandeln zu lassen. Teile mir bitte deine Anschrift mit, damit ich dir die Rechnung schicken kann.

[ 02. Dezember 2005: Beitrag editiert von: Werner B. ]
Gruß Werner
Die Lage ist ziemlich unkomfortabel

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Chinook
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Angeln mit Hund

Beitrag von Chinook » 02 Dez 2005 23:03

Glaub mir, lieber Werner, ich kann deine Traumatisierung durchaus nachfühlen und mein spezieller Fall wird kaum die beiden Welten (Angler/Hundebesitzer) versöhnen. Vielleicht ist es dir (und den anderen Geschädigten) ein Trost, dass sich in Deutschland etwas tut, was du an den boomenden Hunde-Nanny-TV-Sendungen erkennen kannst. Bemerkenswert ist bei all diesen Sendungen, dass im Prinzip die Besitzer "behandelt" werden. In England und den USA sind Kombis Angler-Hund weniger selten. Braucht es doch einen Begleiter der a) den Heimweg findet und b) vor wilden Tieren warnt.
Eine therapeutische Beihilfe ist, insbesondere zur Vorweihnachtszeit, kaum drin; muss erstmal die Weihnachtsgeldkürzung verdauen. Aber ist unsere Passion nicht Therapie schlecht hin?

Wuff Chi WaWa

Harry1
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Angeln mit Hund

Beitrag von Harry1 » 02 Dez 2005 23:32

Ist halt wie mit allem im Leben, wäre doch Langweilig wenn es nur gut erzogene Hunde geben würde. [img]images/smiles/icon_smile.gif[/img]
mfG. Harry1

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Chinook
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Angeln mit Hund

Beitrag von Chinook » 03 Dez 2005 00:09

Von Dieter Nuhr, gerade gehört und frei wiedergegeben:
Das einzige was heute den Hund noch vom Mensch unterscheidet ist, dass der Mensch einen Führerschein machen darf. Wenn du heute einen Hund siehst, weisst du, die Evolution ist weitergegangen .... aber ohne dich!

Harry1
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Angeln mit Hund

Beitrag von Harry1 » 03 Dez 2005 00:19

Macht nix, Fische fangen kann noch kein Hund, somit bin ich noch klar im Vorteil. [img]images/smiles/icon_wink.gif[/img]
mfG. Harry1

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