Der Hecht des Grafen

Literarisches & Kulinarisches von Anglern für Angler

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Thomas Kalweit
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Der Hecht des Grafen

Beitrag von Thomas Kalweit » 28 Nov 2005 15:35

Schon im letzten Jahr hatte ich mal ein paar weihnachtliche Angelkurzgeschichten von mir gepostet (aus dem Weihnachtsrundbrief des Deutschen Hechtangler Clubs). Hier die vom vergangenen Jahr:

Der Hecht des Grafen

Der Knecht hatte eine Bohnenstange vom Scheunenspeicher geholt. Mit dem Beil angespitzt ließ sich der mächtige Stecken standsicher in die Uferböschung rammen. An diesem Galgenbaum kämpfte nun seit drei Tagen ein Kärpflein hilflos ums Überleben. Tapfer ruderte es als Lockspeise im Graben der Burg seine Runden. Vier Meter robustes Hanfseil lenkten die verzweifelten Bahnen. Mit dem groben Holzfloß im Schlepp zog das totgeweihte Tierchen Kreis auf Kreis in die dichte Entengrützenschicht. Perfekte Kreise - Pythagoras mit seinem Zirkel würde vor Neid erblassen. Auch am mächtigen Haken schleppte das Fischchen schwer. Der Herr Graf hatte den Drilling eigens bestellt – beste Ware aus der Stadt, Stahl aus Sheffield! Der Burgherr wollte Hecht, Hecht zum Fest!

Der Falle war fängig - alles nur eine Frage der Zeit. Plötzlich ein Schwall und die Hanfleine furchte durch die Teichlinsen, die ruckende Schnur schob einen zuckenden Teppich von schwimmendem Herbstlaub vor sich her. Vier Meter sind kurz – mit einem Schnalzen straffte sich das Seil, die steife Bohnenstange knarzte, aber bog sich kaum. Die Majestät des Weihers war am Haken gefangen. Wie der Stampfer in einem Butterfass tobte ein prächtiger Hecht am Ende der Leine. Doch nach einer Stunde Kampf musste auch der Tyrann der Tiefe weiß zeigen und trieb rücklings im aufgewühlten Schlamm. Alle Herrlichkeit dahin!

Wütend zeternde Gänse und schimpfende Blässhühner hatten auch den Knecht auf das Geschehen aufmerksam gemacht. Er wuchtete den Fischbrocken mit dem Hebel an Land – schlammverschmiert zappelte der einstmals majestätische Raubfisch im Uferdreck. Rasch eilte ein Bursche mit einem Zuber herbei. Im Keller sollte der Festtagsbraten lebendig dem Heiligen Abend entgegenwarten.

Es verging Tag um Tag, der Hecht ruhte im Bottich, pumpte müde das schale Wasser durch die Kiemen. Morgen in der Frühe sollte er sein Leben aushauchen. Der Knecht hatte sich schon einen knorrigen Knüppel zurechtgelegt. Doch es musste noch einmal Nacht werden. In der Burg ruhten Herrschaft und Gesinde in gerechtem Schlaf. Um Mitternacht – die rostige Turmuhr hämmerte zwölf dumpfe Schläge – schwieg die Natur in seltsamer Stille. Keine schnatternde Gans störte die ersten feierlichen Minuten - der Geburtstag unseres Heilands brach an. Plötzlich, im Schweigen ertönte ein ungeheures Lied. Aus den Kellergewölben stieg Gesang in die Burg – kein Wehen, kein Klagen – ein schauerliches Sterbelied.

"Wer stört meinen Schlaf!" keifte der Graf in die Nacht. Das scheppernde Echo hallte durch die Gänge – in allen Gesindestuben hörte man es rumpeln. Verschlafen stolperten Knechte und Mägde aus den Betten in die Flure. Alle stürmten in den Keller, zum Bottich, zum Hecht. Doch da lag er – der Hauskater, satt und kugelrund gefressen. Neben ihm die Majestät der Tiefe, angekaut, aufgebissen, zerfleddert und tot. Der Kater hatte sein Festmahl gehabt!

Inzwischen sind viele Jahre vergangen, der Burgherr längst tot. Doch noch heute kann man in windstillen Nächten das schaurige Lied des Hechtes in den knorrigen Weiden am Ufer des Burggrabens hören. Kein Wehen, kein Klagen – ein schauerliches Sterbelied. Und wer genau hinhört, der hört auch das gequälte Wimmern des Katers aus dem Gemäuer dringen – der knorrige Knüppel des Knechts, wir erinnern uns.
Online-Redaktion FISCH & FANG / DER RAUBFISCH
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Werner B.
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Der Hecht des Grafen

Beitrag von Werner B. » 28 Nov 2005 17:05

Die hier ursprünglich erschienene Geschichte lösche ich- nicht aus den Gründen- die ihr wahrscheinlich vermutet.

[ 02. Dezember 2005: Beitrag editiert von: Werner B. ]

[ 02. Dezember 2005: Beitrag editiert von: Werner B. ]
Gruß Werner
Die Lage ist ziemlich unkomfortabel

Eisangler

Der Hecht des Grafen

Beitrag von Eisangler » 29 Nov 2005 11:07

Zu der Geschichte von Thomas hab ich ein passendes Bild vom letzten Forellenräuchern... Wenn man mal 2 Minuten nicht aufpasst...
Aber alles ohne Knüppel!!! Bild

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Karsten
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Der Hecht des Grafen

Beitrag von Karsten » 29 Nov 2005 21:13

Hallo!
Hübsches Bild [img]images/smiles/icon_biggrin.gif[/img] . Bei wär´s der Hund gewesen. Meiner läßt für Fisch (kein roher) alles andere stehen.
Gruß Karsten
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Harry1
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Der Hecht des Grafen

Beitrag von Harry1 » 29 Nov 2005 23:42

Das Bild ist genial und passt zu der Geschichte von Thomas. [img]images/smiles/icon_biggrin.gif[/img]
mfG. Harry1

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