Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Was geschieht gerade wo, wie und warum?

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lelox
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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von lelox » 15 Jan 2010 20:50

Sebastian Hänel hat geschrieben: Diesen Unsinn werde ich wohl nie verstehen. Warum gründen nicht alle Vereine einen Angelverband mit einer Karte für z.B. Rheinland Pfalz?
(...)
Aber was steht dem in den alten Bundesländern im Wege? ach ja, Eigenbrödlerei und Bürokratie.
Und Vereinsmeierei und Pöstchengeklebe und so weiter.
Vor sechs bis sieben Jahren hat hier mal ein Vereinsvorsitzender gewagt vorzuschlagen, daß alle Vereine am Restrhein (Weil bis Breisach) sich zu einer Interessengemeinschaft zusammenschließen, um bei den Verhandlungen mit der EDF um die Wassermengen (der Restrhein wird im Schwellbetrieb gefahren) mit einer Stimme für Viele sprechen zu können.
Nix da, davon wollten die meisten Vereinsbosse nichts wissen.
Der Initiator saß nachher als einziger Vertreter eines Vereines in der Kommission und die anderen fühlten sich nicht "richtig" vertreten - selber schuld!
Wenn die Vorstände schon so drauf sind, was soll man dann von den Mitgliedern erwarten. :roll:
Auch ein Grund, weshalb ich meist im Elsass angele.

Mikeopike
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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von Mikeopike » 16 Jan 2010 10:55

Liebe Mitangler,

ich freue mich sehr über das große Interesse an dem Beitrag, den ich zur Diskussion gestellt habe. Die Sichtweise von Sebastian Hänel finde ich sehr weitsichtig und teile sie seit langem.

Leider stehen wir in (West-)Deutschland vor unlösbaren Problemen: Das ist zum einen die Bürokratie und zum anderen die kleinkarierte und engstirnige Mentalität. Es ist hier niemandem zu vermitteln, dass der Zusammenschluss mit anderen Vereinen zu einem Verband - gerade in dieser Zeit - mit seinen Vorteilen jedes damit verbundene Risiko überwiegt.

Viele Angelvereine haben vor dem demografischen Wandel Nachwuchssorgen und mangels Neuzugängen auch finanzielle Probleme, Pachtkosten und Besatzverpflichtungen zu bedienen. Ein Verband ist überlebensfähiger und schwankungsresistenter, die beangelbare Gewässerfläche ist um ein Vielfaches größer und die Auswahl beangelbarer Fische auch.

Im Gegenzug, siehe das zutreffende Beispiel DAV, ist eine solche Menge an Gewässern nie leerzuangeln. Die fischreichen Gewässer der Schorfheide sind da nur ein Beispiel.

Solange aber einzelne Vereine in ihrem Mikrokosmos nur bis zum Besatz ihres Karpfenteichs denken, solange jedes einzelne Mitglied nur auf seine Kosten kommen will (Fischentnahme gegen Beitrag), wird sich das ganze nie ändern. Da besteht dann natürlich die Angst, dass einer von irgendwo angereist kommt und einem die Fische "wegfängt".

Ich schweife ab. Aber ähnlich ist es mit der Diskussion um Höchstmaße für Fische, wie sie z. B. in Kanada längst existieren. Es fehlt bei uns an jeglicher Weitsicht und so haben Kormorane, Wollhandkrabben und Schwarzmeergrundeln leichtes Spiel, den Fischbeständen mancherorts den Rest zu geben. Wir Angler bräuchten einen Kodex, eine Selbstverpflichtung. Am Fehlen dieser gemeinsamen Grundwerte leidet auf Dauer der ganze Angelsport.

Grüße

Mike

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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von Blauhai » 16 Jan 2010 16:13

Mikeopike hat geschrieben: Ich schweife ab. Aber ähnlich ist es mit der Diskussion um Höchstmaße für Fische, wie sie z. B. in Kanada längst existieren. Es fehlt bei uns an jeglicher Weitsicht und so haben Kormorane, Wollhandkrabben und Schwarzmeergrundeln leichtes Spiel, den Fischbeständen mancherorts den Rest zu geben. Wir Angler bräuchten einen Kodex, eine Selbstverpflichtung. Am Fehlen dieser gemeinsamen Grundwerte leidet auf Dauer der ganze Angelsport.
Servus Mikeopike !

Dieser Kodex ist doch bereits auf dem Vormarsch.
Der Trend zur selektiven Entnahme schreitet schneller voran als je zuvor.
In Deutschland war vor 5 Jahren das "Zurücksetzen" der Fische noch fast ein Fremdwort.
Das Kochtopfangeln hat sich längst reduziert.
Klar sind wir noch eine Minderheit, aber gerade Magazine wie F&F und viele andere fördern dies zu verbessern.
Es ist die Aufgabe von uns Anglern diesen Weg einzuhalten und weiter zu be-/verfolgen.
Nur so berührt es auch die Öffentlichkeit.
www.donaupirsch.de.tl

http://www.youtube.com/watch?v=tycQCRqcYg4&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=HmAKaOC3Cbo

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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von Dorschwader » 16 Jan 2010 17:29

Hallo zusammen,

leider habe ich dieses beschriebene Verhalten auch schon kennen lernen dürfen.
Was mir aber wirklich positiv aufgefallen ist, ist das Verhalten der Angler im Bereich Rügen. Wir haben hier schon viele nette Leute kennen gelernt, und immer haben wir auch super Tipps erhalten, egal ob es um Hotspots ging, oder den besten Köder zu der Zeit. Leider weiss ich nicht, ob wir jetzt nur Glück hatten, oder ob das allgemeine Verständnis auf Rügen ein anderes ist.
Viele Grüße
Dorschwader
www.Netzangler.de

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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von petrijuenger » 17 Jan 2010 14:21

Hallo ! Ich denke nicht, daß das negative Verhalten von Angelkollegen (wir selbst tun ja sowas ohnehin nicht!) bezüglich Tipps, Tricks, gute Fangplätze usw. direkt davon abhängig ist, ob wir im Süden oder Norden oder Ost oder sonstwo wohnen und unserem Hobby nachgehen. Auch die Ansicht, je höher die Kosten für Angelkarten / Vereinsbeiträge usw. sind desto negativer / neidischer / mißgünstiger sind die Angler eingestellt. Für mich sind die genannten Zusammenhänge in erster Linie bedingt durch den "Anglerdruck", meint relativ wenig Gewässer bei hoher Nachfrage von Angelinteressenten, Beispiel Rurgebiet. Dies treibt die Pachtkosten hoch und damit z.B. auch die Vereinsbeiträge oder Fischkartenkosten. Umso mehr werden die betroffenen Angler auch darauf sehen, daß sie eine "Gegenleistung" erhalten. Diese kann für den einzelnen Angler aber unterschiedlich sein : der Eine will viel fangen, der Andere nur Großes, der Nächste möchte möglichst allein am Wasser sein und den nächsten Nachbarn nicht schon fünf Meter oder noch weniger neben sich haben usw. Dies alles stellt sich natürlich positiver da, wenn weniger Anglerkollegen auf mehr Gewässer kommen und so ausreichend Ausweichmöglichkeiten an Gewässern haben. Dann wird die ganze Situation doch schon entspannter. Und ganz nebenbei : wie beim Sport allgemein, bei Kfz-Fahrern oder Berufskollegen untereinander, es gibt immer und überall solche und andere. Und: Wie ich in den Wald hineinrufe (mich um Infos am Wasser bemühe) so schallt es heraus (bekomme ich positive Rückmeldung oder auch nicht).
Dieser Beitrag ist nur meine persönliche Meinung und erhebt keinen Anspruch auf Allgemeinverbindlichkeit.

Grüße und petriheil vom Petrijuenger !

Der Mensch braucht die Natur, die Natur den Menschen nicht !!!

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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von kati48268 » 18 Jan 2010 15:48

[quote="Mikeopike"]
Leider stehen wir in (West-)Deutschland vor unlösbaren Problemen: Das ist zum einen die Bürokratie und zum anderen die kleinkarierte und engstirnige Mentalität. Es ist hier niemandem zu vermitteln, dass der Zusammenschluss mit anderen Vereinen zu einem Verband - gerade in dieser Zeit - mit seinen Vorteilen jedes damit verbundene Risiko überwiegt.


Es gibt auch im Westen durchaus Beispiele für gute Lösungen. Mein Verein z.B. hat sich mit mehreren benachbarten Vereinen zusammengetan um a) den Besatz für die Ems, an deren Verlauf alle fischen, gemeinsam zu planen & b) den Vereinsmitgliedern durch kostenlose Austauschkarten die Möglichkeit zu geben, in allen Gewässern dieser Vereine zu fischen. Das kommt an das Himmelreich DAV natürlich nicht ran, zeigt aber, dass sich Vereinsmeierei auch über Engstiernigkeit hinausentwickeln kann.
Das Gegenteil findet sich aber gleich dazu: natürlich gibt es einige Nachbarvereine, die sich nicht beteiligen. Typisch (West-)Deutsch halt.

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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von Mikeopike » 18 Jan 2010 17:55

Hallo zusammen,

@Blauhai: Da hast Du recht, einige fangen an umzudenken. Das sehe ich auch positiv. Keinesfalls will ich hier eine Neuauflage der Catch & Release versus Entnahme-Debatte lostreten. Beides hat seine Berechtigung und sein Für und Wider. Was ich zum Ausdruck bringen wollte ist: Für die, die ihren Fang verwerten möchten, fehlen einheitlich anerkannte Regeln, die eine Orientierungshilfe bieten. Soweit eine Erlaubniskarte für ein bestimmtes Gewässer sie vorgibt, gelten natürlich diese Regeln. Für manche Gewässer gibt es aber kaum Regeln. Ein gemeinsames Grundverständnis von nachhaltiger Fischerei ist bei diesen Regelungslücken hilfreich. Das Argument "Es hält sich ja eh nur dran, wer will", kann man da auch nicht gelten lassen, denn mit der Begründung bräuchten wir gar keine Regeln mehr. Was das für das gesellschaftliche Miteinander bedeuten würde, brauche ich wohl nicht auszuführen. Ich bin kein Freund von Bürokratie, aber ein schriftlicher Kodex würde sich besser verbreiten, könnte als Diskussionsgrundlage dienen und weiterentwickelt werden.

@kati48268
Ich wollte beim besten Willen keine Diskussion Ost - West auslösen. Es bedarf keiner weiteren Erklärung, dass Pauschalansichten nicht weiterführen. Die DAV-Lösung ist eine von vielen guten Lösungen und ich bezweifle auch nicht, dass es in Westdeutschland, wo ich geboren und aufgewachsen bin, gute Ansätze gibt. Austauschkarten und Fusionen sind in den letzten Jahren verstärkt gekommen, weil auch einige Vereine die Notwendigkeit erkannt haben, sich zu öffnen. Ein großer Schritt wäre getan, wenn - wie in Kanada, Nordamerika oder auch einigen europäischen Ländern - Erlaubnisscheine losgelöst von Pachtrechten einzelner Vereine über größere Regionen für alle darin befindlichen nicht privaten Gewässer ausgegeben werden könnten. Das lässt die pachtrechtliche Zersplitterung der aufgeteilten Gewässer in Deutschland aber nicht zu. Wir müssen sicher weiter denken als in Ost-West-Kategorien oder nationalen Grenzen. Was müssen Gastangler von uns denken, die aus dem Ausland kommen und hier kaum irgendwo (außer z. B. in Meck-Pomm) ohne Fischereischein einen Erlaubnisschein bekommen können, um bei uns zu angeln? Ich finde es erbärmlich, wie weit wir da an Europa gemessen bisher in Deutschland gekommen sind. Ich bin immer froh, in Frankreich, Schweden, Norwegen, Irland, Spanien, Holland oder anderswo ohne Probleme einen Angelschein kaufen zu können. Teilweise ist angeln dort sogar ohne Erlaubnisschein gestattet.

Grüße an Euch alle

Mike

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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von lelox » 18 Jan 2010 19:02

Am südlichen Oberrhein ist die staatliche Hochbauverwaltung für den Rhein zuständig. Es gibt einige vereinsfreie Strecken. Trotzdem ist der Fluß in 0,7 - ca. 5 km kurze Teilstrecken zerstückelt und die kosten jeweils 65 Euro pro Jahr. Die Strecke, die vom franz. Ufer aus mit der carte majeure beangelt werden darf, würde vom Ostufer aus einiges über 2000 Euro pro Jahr kosten... :roll:
In Frankreich gibt es einmal im Jahr den nationalen Tag des Angelns, an dem Jedermann mit einer Stipprute an den staatlichen Gewässern frei angeln darf.

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Hartmut
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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von Hartmut » 18 Jan 2010 20:34

Uff, hier geht ja richtig die Post ab. :lol:

Der Name Behrens machte mich neugierig. Schrieb hier der Sohn des zurüchhaltenden Vaters?

Seis wie es will. Ich freue mich seit meinen Anfängen als Angler, wenn mein Kumpel oder ein anderer Angler einen Fisch fängt.
Meinen Broterwerb verdiene ich auf einer anderen Baustelle, Angeln ist meine Leidenschaft, ein intensives Hobby.
Im Gegenzug, siehe das zutreffende Beispiel DAV, ist eine solche Menge an Gewässern nie leerzuangeln. Die fischreichen Gewässer der Schorfheide sind da nur ein Beispiel.
Aus Deinem Blickwinkel mag dies stimmen. Differnenziert betrachtet verbergen sich in Deiner einfachen Lösung viele Fußangeln.
In unseren Ballungsgebieten in BaWü Beispielsweise wären die Gewässer in kürzester Zeit plattgefischt, würden nicht verantwortungsbewusste Gewässergewirtschafter aufmerksam die Belastung ihrer Gewässer überwachen.
Bitte nicht wenige gute Gewässer aus dem bewirtschaftenden Zusammenhang reissen!

Grüße

Hartmut

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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von Mikeopike » 19 Jan 2010 19:47

Hallo Hartmut,

ich glaube nicht, dass wir uns kennen. Ich habe von 2002-2006 in Berlin gelebt und bin seitdem Köln.

Ich denke, die Bevölkerungsdichte und der damit verbundene Befischungsdruck sind natürlich individuell unterschiedlich. Deswegen kann man weder Kanada mit Deutschland noch Brandenburg mit Baden Württemberg gleichsetzen, das ist schon klar. Aber Regeln gelten auch für die wenigen guten Gewässer. Angeln dort viele Leute, muss das auf der Einnahmeseite auch höhere Erträge durch Verkauf von Erlaubnisscheinen nach sich ziehen, die in Besatz auch für diese Gewässer umgesetzt werden können, um den Bestand zu erhalten.

Ich kann von einigen Seen mit sehr gutem Hechtbestand sagen, dass sie sehr stark befischt werden. Trotzdem hat der gute Bestand sich über die Jahre nicht verändert. Selbst der Berufsfischer hat das nicht bewirkt. Im Gegenteil: Er hat den Besatz maßgeblich unterstützt (da gibt es allerdings leider auch ganz andere Beispiele...). Die Einhaltung von Regeln steht aber über allem, leider geht das nur mit einem gesunden Maß an Kontrolle, gerade bei fremden Anglern, die man nicht einschätzen kann. Aber C& R ist sehr im Kommen und vielleicht erleben wir ja eine positive Trendwende.

Grüße

Mike

Mikeopike
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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von Mikeopike » 09 Mär 2011 15:47

Hier nochmal der Artikel, weil der Link nicht mehr funktioniert!

Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Das Wissen ist das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt. (Marie von Ebner-Eschenbach).

Bestimmt haben Sie auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht: Als Gast an einem Ihnen unbekannten Gewässer sind Sie auf die Tipps der Einheimischen angewiesen, um dort erfolgreich zu angeln. Aber wie sieht es in Angeldeutschland mit der Hilfsbereitschaft unter den Petrijüngern aus?

Einige Beispiele aus der letzten Zeit haben mich da nachdenklich gemacht. Auf einem kleinen See fragte ich im Vorbeifahren die Angler im Nachbarboot, wo ein Versuch auf Barsche sich zurzeit lohne. Die Antwort: „Überall außerhalb des Bootes“. Bei dieser Auskunft blieb es. In ähnlichen Situationen wurde ich auch schon einfach angeschwiegen oder ausgelacht oder mir wurde mit der Rückfrage „Wieso?“ klargemacht, dass ich hier nicht erwünscht war und mit weiterführenden Hinweisen nicht zu rechnen brauchte.

Dass es auch anders gehen kann, lernte ich, als es mich beruflich für vier Jahre nach Berlin verschlug. Die Spinnrute war natürlich mit im Gepäck und nun galt es, in der Anonymität der Hauptstadt Anschluss zu finden. Ich schaltete eine Kontaktanzeige in einer Angelzeitschrift und kurz darauf erhielt ich einen Anruf. Wer sich bei mir meldete, sollte sich bald als der fähigste Angler entpuppen, den ich bis heute kennen gelernt habe. Schnell war ein Treffen vereinbart und es ging los auf einen der vielen fischreichen Seen in der Brandenburger Schorfheide.

Auch die Kumpels meines Mentors, die mich schnell in ihren Kreis aufnahmen, hatten das Angeln mit Kunstködern auf dem Kasten und nahmen mich gern mit, um mir ihre Gewässer, Kniffe und Stellen zu zeigen. Etwas Vergleichbares war mir im Westen bisher übrigens bis dahin nie passiert. Die Bereitschaft meiner neu gewonnenen Angelbrüder, ohne Argwohn oder Erwartung einer Gegenleistung ihr Wissen mit mir zu teilen, war ausgeprägter als an jedem anderen Ort, den ich bisher mit der Angel in der Hand betreten hatte. Und die Jungs hatten es richtig drauf: Blinker anmalen oder ankokeln, um die Fängigkeit zu erhöhen, Gummifische und Wobbler tunen und zu jeder Zeit wissen, wo was läuft, das waren nur einige Erfolgsfaktoren zahlreicher guter Fänge. Vor allem aber gab es einen Zusammenhalt, ebenso wie ein Gemeinschaftsdenken.

Auf der Suche nach der Erklärung für den Fischneid mancher Mitangler habe ich verschiedene Überlegungen angestellt. Verständlich erscheint sicher, dass man z. B. nicht jeden erstbesten Unbekannten an seinen Lieblingsstellen in die Kunst der Zanderangelei einführen würde. Dieses Maß an Fremdnützigkeit wird man nur für jemanden aufbringen, den man so gut kennt, dass man weiß, ob er verantwortungsvoll mit dem Wissen umgeht, das man ihm anvertraut.
Ebenso wie Pilzsammler nie ihre Stellen verraten und bestenfalls innerhalb ihrer Familie weitergeben, sind die Anlagetipps auf dem Finanzmarkt die besten, die möglichst keiner außer einem selbst kennt. Denn das Geld, das ich gewinnen will, muss ein anderer verlieren. Jedenfalls aber ist der Fisch, den ein anderer nicht fängt, meine verbesserte Chance, erfolgreich zu sein.

Von daher ist es legitim, eine gewisse Informationshygiene gegenüber dem Heer von Trittbrettfahrern und Sportsfreunden zu betreiben, deren Motive und Verhalten am Wasser man zunächst einmal nicht kennt. Vertrauen ersetzt Kontrolle und kann erst durch Erfahrung wachsen. Halten die, die unser Wissen begehren, sich an Schonzeiten, Mindestmaße oder Fangbeschränkungen oder verkaufen sie am Ende ihren Fang sogar an Restaurants oder private Abnehmer? Welche Leute ziehen sie nach sich, wenn sie einmal die Kenntnisse gezogen haben, wegen denen sie unsere Nähe suchten?

Allgemein formuliert erklärt sich die Zurückhaltung bei der Weitergabe nützlicher Informationen vielleicht so: Menschen erkennen in der Regel schnell, wenn es sich einige wenige auf Kosten der Allgemeinheit gut gehen lassen und selbst gar nichts zu ihrem Wohlstand beitragen. Theoretisch strebt daher in jeder Gruppe die Kooperation gegen Null, sobald sich auch nur eine kleine Minderheit aus Nutznießern bildet. Und das ist nur zu menschlich in unserer Gesellschaft, die den Leistungsdruck für den Einzelnen auf ein Niveau gehoben hat, das Eigensinn und Überlebenskampf in jeder Hinsicht fördert und soziales Verhalten nachhaltig verdrängt.

Selbst ein Angler, der die Fische, die er fängt, nicht verwerten möchte, will zumindest Selbstbestätigung durch den Fang, der seine Theorien und Methoden als erfolgreicher im Vergleich zu anderen erscheinen lässt. Und da liegt - je nach Ausprägung der Persönlichkeit - der Hecht begraben. Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn ist das Eingeständnis, sich nicht für den Fang eines anderen freuen zu können, weil dieser zugleich den eigenen Misserfolg verkörpert. Dieses falsche Verständnis von Angelsport ist mit ursächlich dafür, dass sich manche am Forellenteich über die Schnüre werfen, sobald in einer Ecke ein Fisch gefangen wurde, dass vorgefütterte Angelstellen anderer Angler ausgekundschaftet werden, um bei Nacht und Nebel darauf zu angeln oder sogar die Wasserschutzpolizei gerufen wird, um angeblich regelwidrig angelnde Kollegen anzuschwärzen.

Die Lösung des Problems ist komplex. Für mich hat sie damit zu tun, dass die nach Insiderwissen strebenden Angler verantwortungsvoll mit dem umgehen sollten, was ihnen anvertraut wurde. Denen, die Erfahrung weitergeben können, wünsche ich hingegen das nötige Zutrauen in die eigene Menschenkenntnis, vertrauenswürdige Mitangler von denen zu unterscheiden, die es nicht sind. Ich widme meine großen Fänge der letzten vier Jahre jedenfalls meinem Mentor. Ohne ihn hätte ich sie wahrscheinlich nie gemacht.

Viele Grüße

Michael Behrens

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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von Holland » 09 Mär 2011 16:19

In Ostfriesland sind die Angler meißt sehr ruhig und verschlossen aber zu jederzeit freundlich und hilfsbereit. :wink:
Allerdings achtet man darauf, dass der Nachbar einen gebührenden Abstand einhält um dann dennoch ab und zu ein kurzes Schwätzchen zu halten. :P
Ostfriesen halten nichts von Lärm und Stress am Wasser wie er oft von Urlaubern verursacht wird. :( Ruhe, Rücksicht und Besonnenheit kommt immer gut an und kann auch den zurückhaltenden und wortkargen Ostfriesen zum Freund für's Leben machen. :D
Wenn man hier am Gewässer von einem Angler mit Goldkettchen und Gucci-Styling unaufgefordert vollgelabert wird, dann handelt es sich mit Sicherheit nicht um einen Ostfriesen!!!! :lol:

Also herzlich willkommen in Ostfriesland an alle rücksichtsvollen Angler. :)

Holland :mrgreen:
Suche bodenständigen Angelkumpel aus meiner näheren Region für gemeinsame Unternehmungen!

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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von Ronny » 09 Mär 2011 16:57

So wie man in den Wald ruft so schallt es zurück sagt ein Sprichwort.
Es war wieder an den Anfängen meines aktiven Angelns 2008,nach 15 Jahren wieder an der Lìll im Elsass.
Anfänger im Spinnangeln und das Gewässer schon lange nicht mehr befischt,,,,die Höchstrafe dachte ich.
Ich fragte freundlich einen französischen Angler und wurde auf Französisch mehr oder weniger beschimpft.
Kurz danach bekam ich doch ein Biss eines kleinen Hechtes den ich vorsichtig zurück setzte,darauf kam der französische Angler zu mir und wir kamen ins Gespräch.
Er dachte ich wäre einer dieser "typischen" deutschen Angler die alles mit nehmen.
Heute ist er ein realer Freund von mir und wir gehen oft zusammen Angeln,durch ihn habe ich Stellen bekommen die ich wohl immer noch suchen würde weil sie Rar auf kurzen Strecken sind.

Was macht dieser Neid aus ???? Ist es diese wenn der den Fängt fang ich den nicht Mentalität ?

Wenn ich wüßte das es jemand ist der Verantwortungsvoll mit dem Gewässer und den Lebewesen darin ist hätte ich kein Problem,aber bei wem weiß man das schon.
Deswegen ist man vorsichtig bei uns in den Breiten weil es schon öfters vorgekommen ist das dann regelrecht Raubbau an diesem Gewässerabschnitt vorgenommen worden ist.
Einem freundlich fragenden Angler würde ich auch jegliche Auskunft geben über welche Köder,,,welche Uhrzeit und ungefähr wo er Angeln muss,,,,aber keine genauen Plätze.
Anders sieht es aus wenn man sich öfters an den Gewässer sieht,man merkt und sieht das der Geselle Verantwortungsbewußt ist usw,,,,da kommt dann schonmal ein Spruch (wenn man merkt er müht sich redlich ab) wie "geh mal 50 Meter weiter runter und dann mal auf 25 Meter auswerfen und dann sagst mal was du findes) nämlich ein Gumpen wo die sich Ansammeln :lol: :lol:

Der Fischneid ist bei uns Groß,,,,auch bedingt dadurch das vieles einfach auch entnommen wird und dieser Fisch dann dem anderen nicht mehr zur Verfügung steht :roll: :roll:

Wenn wir alle ein bisschen Höflichkeit und Freundlichkeit und Verantwortungsbewußtsein gegenüber walten lassen dann wäre das alles etwas Offener.

Gruß
Gruss und Petri.

http://www.deutscherhechtangler-club.de
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Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von 1980ba » 09 Mär 2011 17:07

Tja,
diese "ichsagnixweilichnichtwilldassdermireinenfischwegfängt" Kacke beobachte ich schon sehr sehr lange!

Ich glaube das gibt's schon so lange wie das Angeln selbst. Kann da bei mir an den Gewässern immer nur mit dem Kopf schütteln... Ich hab nichts dagegen jemandem eine Stelle zu sagen, an der ich etwas fange. Witzig ist es, wenn man bestimmten Anglern so etwas sagt (was zu Testzwecken nicht stimmte) und dann beobachten kann wie der auf einmal tagelang Zeit hat an dieser Stelle zu sitzen :roll:
Aber selbst würden sie natürlich nie etwas sagen.

Wir hatten ja schonmal nen Tröt, dass es einige Leute gibt, die sogar anhand vom Hintergrund von Fangfotos die Location suchen...

Ich versteh da nicht, warum oder aus welchen Gründen die dann überhaupt angeln gehen...

Gruß Marcus

Niederbayer

Re: Die Angst vor dem Biss beim Nachbarn

Beitrag von Niederbayer » 09 Mär 2011 17:15

@ 1980ba
Wie Du schon sagst, hatten wir da schon mal einen ausführlichen Thread.
Und warum diese Leute trotzdem angeln gehen?

:arrow: Irgendwie muss man ja das eingesetzte Geld für die Jahreskarte wieder zurück holen!!!
Das klingt für viele jetzt weltfremd und falsch, aber wenn ihr die Fischer unserer Region kennen würdet, dann wüsstet ihr wovon wir reden!
Da geht's nur nebensächlich ums Angeln als Hobby, sondern darum dass die Gewässer sowieso leer sind und man sich sein Kapital mühsam zurückerkämpfen muss!
Es ist somit jeder Fänger ein Konkurrent...

Könnte gerade wieder sowas von sauer werden...
Traurig dass man sich so identifiziert...

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