Römische Karpfen

Was geschieht gerade wo, wie und warum?

Moderatoren: Thomas Kalweit, Uwe Pinnau

Benutzeravatar
Thomas Kalweit
Administrator
Administrator
Beiträge: 7832
Registriert: 15 Okt 2002 03:01
Wohnort: Singhofen
Kontaktdaten:

Römische Karpfen

Beitrag von Thomas Kalweit » 25 Nov 2009 12:52

Tolle Story! Fast schon ein Krimi. Auf der Britischen Insel hat sich Nigel Hudson auf die Suche nach den letzten Wildkarpfen begeben. Wie ein Archäologe hat er sich auf Spurensuche gemacht. Er hat in Archiven gestöbert, alte römische Kastelle und Straßen erfasst. Man glaubt es kaum - im hinterletzten Wales hat er einen einsamen, verkrauteten Bergtümpel gefunden, in dem noch Nachkommen der Wildkarpfen vorkommen, die von den Römern vor 2.000 Jahren auf der Insel eingeführt wurden. Der Tümpel ist auf keiner Landkarte verzeichnet. Er war wohl der erste, der an dem abgelegenen See jemals mit der Angel gefischt hat.


In der Nähe liegen die Überreste eines alten Römer-Kastells, die Gegend in Wales ist heutzutage nur wenige besiedelt. Ob man in Deutschland auch noch ein Gewässer finden kann, in dem uralte Fischbestände hausen, die noch nie durch Besatz verwässert wurden? Auf jeden Fall ist die Frage beantwortet, dass Karpfen nicht erst im Mittelalter aus Asien bei uns eingeführt wurden. Die Römer hatten die robusten Speisefische schon im Gepäck!

Der Artikel "My 2000-year-old carp" erschien aktuell im Magazin "Classic Angling". Für mich einer der genialsten Angelartikel der vergangenen Jahre!
Online-Redaktion FISCH & FANG / DER RAUBFISCH
E-Mail: thomas.kalweit@paulparey.de

Benutzeravatar
Blauhai
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 1589
Registriert: 14 Feb 2006 03:01
Wohnort: Niederbayern/ Landkreis Kelheim

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Blauhai » 25 Nov 2009 14:16

Thomas Kalweit hat geschrieben:Auf jeden Fall ist die Frage beantwortet, dass Karpfen nicht erst im Mittelalter aus Asien bei uns eingeführt wurden
Funde aus Epfach am Lech bezeugen dies übrigens auch :wink:
In Verbindung damit, würde ich sagen es ist sogar ein 100%iger Beweis.

Schaut euch diesen Link mal an.
http://www.altmuehltal.de/bad-goegging/ ... emisch.htm
In dem steht:
"Durch Ausgrabungen in Epfach am Lech sind Wels, Hecht und Karpfen als Speisefisch belegt."
www.donaupirsch.de.tl

http://www.youtube.com/watch?v=tycQCRqcYg4&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=HmAKaOC3Cbo

Benutzeravatar
Thomas Kalweit
Administrator
Administrator
Beiträge: 7832
Registriert: 15 Okt 2002 03:01
Wohnort: Singhofen
Kontaktdaten:

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Thomas Kalweit » 25 Nov 2009 15:25

Witzig ist, dass etwa in Nordrhein-Westfalen von staatlicher Seite der Karpfen noch immer nicht richtig als einheimische Fischart anerkannt ist. Obwohl er schon seit 2.000 Jahren in unseren Gewässern paddelt... :roll:
Online-Redaktion FISCH & FANG / DER RAUBFISCH
E-Mail: thomas.kalweit@paulparey.de

Benutzeravatar
Mr.Muffelmolch
Erfahrener User
Erfahrener User
Beiträge: 329
Registriert: 21 Mär 2009 21:18
Wohnort: Salzlandkreis

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Mr.Muffelmolch » 25 Nov 2009 19:41

Ich hab letztens gelesen, dass wenn ein Fisch seit hundert Jahren nicht mehr vorkommt, dieser dann seinen Status als "einheimische" Fischart verliert...
:shock:
Aber es ist schon interessant, dass es noch unverfälschte Wildkarpfenpopulationen gibt.

Benutzeravatar
Glenden97
Erfahrener User
Erfahrener User
Beiträge: 889
Registriert: 05 Aug 2008 19:16
Wohnort: NRW nähe Münster
Kontaktdaten:

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Glenden97 » 25 Nov 2009 19:46

War mit Sicherheit nen tolles Abenteuer.
So eine Art der Forschung würde mir auch gefallen!

Petri
Frank
Der frühe Vogel fängt den Wurm!!!

http://www.deutscherhechtangler-club.de

pinn
User
User
Beiträge: 33
Registriert: 25 Mai 2007 19:31
Wohnort: Oberhausen

Re: Römische Karpfen

Beitrag von pinn » 25 Nov 2009 22:20

Weil sich 2000jahre alte Überreste eines römischen Bauwerks in der Nähe befinden, handelt es sich um einen Wildkarpfen? Die "Entdecker" haben'se sicher nicht mehr alle... Ich tippe mal auf einen verbutteten Schuppenkarpfen. :roll:

Gruß, Werner

Benutzeravatar
Thomas Kalweit
Administrator
Administrator
Beiträge: 7832
Registriert: 15 Okt 2002 03:01
Wohnort: Singhofen
Kontaktdaten:

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Thomas Kalweit » 26 Nov 2009 09:24

@pinn: Mach doch nicht die ganze Romantik kaputt :roll: . Man muss dazu wissen, dass die Gegend in Wales schon immer nahezu unbesiedelt ist. Da hat also niemand in den letzten Jahrhunderten die Karpfen eingesetzt. Fischbesatz, so wie bei uns, ist bei den Briten nicht üblich. Da werden vielleicht einmal in 50 Jahren ein paar Fische ausgesetzt.

Besatzkarpfen wurden immer aus dem Ausland importiert und nie auf der Insel gezüchtet, deshalb sind die Erstbesätze mit Karpfen für nahezu alle Gewässer mit Unterlagen dokumentiert. Beispiel - der Redmire See in Wales: Da besitzt man noch heute die Rechnungen, vom Karpfenbesatz von 1934. Damals kamen 50 Karpfen in den See, von denen alle heutigen Fische abstammen. Ähnlich sieht es in allen anderen Seen aus.
Online-Redaktion FISCH & FANG / DER RAUBFISCH
E-Mail: thomas.kalweit@paulparey.de

Benutzeravatar
Mr.Muffelmolch
Erfahrener User
Erfahrener User
Beiträge: 329
Registriert: 21 Mär 2009 21:18
Wohnort: Salzlandkreis

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Mr.Muffelmolch » 26 Nov 2009 16:17

Was mich ehrlich gesagt wundert, ist dass sich die Karpfenbestände auf der Insel von selbst reproduzieren (können).Großbritannien liegt ja in etwa auf dem selben Breitengraden wie (Nord-)Deutschland, teilweise sogar noch weiter nördlich.Im Allgemeinen sagt man ja, dass es für Karpfen vielerorts zu kalt in Deutschland ist, um sich selbst zu reproduzieren.Deswegen wird ja jährlich Karpfen besetzt.
Macht der Golfstrom wirklich so viel aus ?
Soo gemütlich für Karpfen sieht´s ja auf dem Tümpel-Foto nicht gerade aus.
(Ich hätte zumindest keine Karpfen darin vermutet).

Benutzeravatar
Thomas Kalweit
Administrator
Administrator
Beiträge: 7832
Registriert: 15 Okt 2002 03:01
Wohnort: Singhofen
Kontaktdaten:

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Thomas Kalweit » 26 Nov 2009 16:34

Karpfenreproduktion ist dort nur in extrem flachen Gewässern möglich mit weiten Bereichen unter 50 cm Wassertiefe, nur diese erwärmen sich im Frühsommer entsprechend. Auch bei uns reproduzieren sich Karpfen nur in sehr flachen Gewässern - auch in der Karpfenzucht werden sog. Dubischteiche angestaut, im Grunde nur eine Wiese auf der etwas Wasser steht. Hier ein Dubischteich aus Deutschland, der dem Krautloch in Wales sehr ähnelt:
Der Golfstrom sorgt in Wales dafür, dass die flachen Tümpel nicht durchfrieren. In GB müssen übrigens keine Karpfen nachbesetzt werden, wie bei uns, weil keine Karpfen von den Anglern entnommen werden. Auch wenn keine Karpfen nachbesetzt werden, bleibt der Bestand erhalten, auch wenn es nur alle 15 Jahre in einem warmen Frühjahr zum Fortpflanzungserfolg kommt.

In England gibt es viele alte Schlossgräben, in denen der Karpfenbestand aus Besatzmaßnahmen aus längst vergangenen Zeiten stammt. An denen aber schon seit 100 Jahren niemand mehr geangelt hat. Viele Karpfenspezis spüren solche "forgotten lakes" auf und angeln auf die jungfräulichen Karpfen. Es ist auf der Insel fast schon ein Trend auf google maps nach secret lakes zu suchen... :roll: Bei usn gibt es das wohl nicht, weil überall irgendein Angelverein oder Pächter durch Besatz oder Entnahme alles verwässert bzw. zerstört hat.
Online-Redaktion FISCH & FANG / DER RAUBFISCH
E-Mail: thomas.kalweit@paulparey.de

pinn
User
User
Beiträge: 33
Registriert: 25 Mai 2007 19:31
Wohnort: Oberhausen

Re: Römische Karpfen

Beitrag von pinn » 26 Nov 2009 18:53

Thomas Kalweit hat geschrieben:@pinn: Mach doch nicht die ganze Romantik kaputt :roll: . Man muss dazu wissen, dass die Gegend in Wales schon immer nahezu unbesiedelt ist. Da hat also niemand in den letzten Jahrhunderten die Karpfen eingesetzt. Fischbesatz, so wie bei uns, ist bei den Briten nicht üblich. Da werden vielleicht einmal in 50 Jahren ein paar Fische ausgesetzt.

Besatzkarpfen wurden immer aus dem Ausland importiert und nie auf der Insel gezüchtet, deshalb sind die Erstbesätze mit Karpfen für nahezu alle Gewässer mit Unterlagen dokumentiert. Beispiel - der Redmire See in Wales: Da besitzt man noch heute die Rechnungen, vom Karpfenbesatz von 1934. Damals kamen 50 Karpfen in den See, von denen alle heutigen Fische abstammen. Ähnlich sieht es in allen anderen Seen aus.
Hallo Thomas,

tut mir leid, ich wollte keine Romantik kaputtmachen, ehrlich!

Beim Lesen Deines Beitrags beschlich mich aber das dunkle Gefühl, da passt doch was nicht...

Ich kam schnell drauf: Da fehlt ein Hinweis, dass nicht nur äußerliche sondern auch eindeutige genetische Merkmale der Karpfen aus dem Tümpel auf eine enge Verwandschaft mit dem fast ausgestorbenen Wildkarpfen hindeuten. Die Ruine vom römischen Kastell hat erstmal nix mit Karpfen zu tun, und Dein Hinweis auf die äußerst dünn besiedelte Gegend auch nicht. Ich denke, das mit der Besiedlung hat höchsterns für die Gegenwart bis -100 Jahre Berechtigung, aber sicher nicht für die letzten 2000 Jahre. Die Gegend war zwischenzeitlich eventuell auch schonmal dichter bevölkert und xbeliebigeTeiche mit verzehrbaren Fischen zu besetzen ist anscheinend ein menschlicher Urtrieb, insbesondere wenn ich heutzutage so manche Angelkollegen höre.

Und falls nicht, in jedem Wald- und Wiesentümpel stellen sich über kurz oder lang Fische ein, wenn er ständig ausreichend Wasser hat. Dafür sorgen unsere gefiederten Freunde sehr zuverlässig. Oft handelt es sich um Barsche und Karauschen, aber Karpfen könnten im Zeitraum von 2000 Jahren doch auch mal dabei sein, oder? :wink:

Ich selber habe schon öfter Schuppenkarpfen gefangen, die sehr schlank waren, unter anderem im Rhein und in der Ruhr. Das waren vitale und für ihr Gewicht sehr kampfstarke Fische. Vergleichbar mit von der Körperform mit Schleien. Aber diese schlanken und kräftigen Schuppenkarpfen zu Wildkarpfen zu erklären, wäre eventuell doch schon Anglerlatein. :lol:

Gruß, Werner

Benutzeravatar
Thomas Kalweit
Administrator
Administrator
Beiträge: 7832
Registriert: 15 Okt 2002 03:01
Wohnort: Singhofen
Kontaktdaten:

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Thomas Kalweit » 27 Nov 2009 09:32

@pinn: Du hast natürlich Recht, 100-prozentig sicher ist die Sache nicht, auch nicht 50-prozentig sicher. Es ging mir viel mehr um die schöne und spannende Kriminal-Geschichte, dass sich da jemand wie ein Archäologe jahrelang systematische auf die Suche nach dem Urkarpfen macht. Ich habe hier ja auch nur einen Auszug aus dem 8-seitigen Artikel wiedergegeben. Zusatztinfo: In UK war bisher eigentlich keine Wildkarpfen zu finden, der die typischen Merkmale zeigt: schlanker, spitzer Kopf, tief eingeschnittene Schwanzflosse... Alle anderen Karpfen sind "king carp", deutlich hochrückiger, auch als Schuppenkarpfen. Natürlich ist die Story nicht stichhaltig, nicht ansatzweise, trotzdem eine schöne, fast poetische Idee für einen Angelartikel :wink:
Zuletzt geändert von Thomas Kalweit am 27 Nov 2009 09:43, insgesamt 1-mal geändert.
Online-Redaktion FISCH & FANG / DER RAUBFISCH
E-Mail: thomas.kalweit@paulparey.de

Benutzeravatar
Blauhai
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 1589
Registriert: 14 Feb 2006 03:01
Wohnort: Niederbayern/ Landkreis Kelheim

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Blauhai » 27 Nov 2009 09:42

Dennoch ist durch Grabfunde mittlerweile belegt dass die Römer den Karpfen schon kannten.
Die Römer brachten so einiges mit.
Die Kirsche, die Walnuss, das Huhn und vieles mehr :wink:

@Pinn: Die Sache mit den Wasservögeln ging mir auch schon durch den Kopf.
Aber wenn ich es richtig verstanden habe, befindet sich kein weiteres Gewässer in unmittelbarer Nähe.
Die Fischlaichübertragung durch den Entenschnabel funktioniert nur bei nahe aneinanderliegenden Gewässern.
Zuletzt geändert von Blauhai am 27 Nov 2009 11:54, insgesamt 1-mal geändert.
www.donaupirsch.de.tl

http://www.youtube.com/watch?v=tycQCRqcYg4&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=HmAKaOC3Cbo

Benutzeravatar
Karpfenfischer
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 1048
Registriert: 24 Okt 2004 03:01
Wohnort: Altmühltal

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Karpfenfischer » 27 Nov 2009 09:53

Kommt dieser typische ungarische Wildkarpfen nicht auch im Riba Roja Stausee in Spanien vor? Oder täusch ich mich da und es ist der moderne Schuppenkarpfen?

Ich fange hier regelmässig Schuppenkarpfen, aber diese sind auch deutlich hochrückiger als der Holländische. Denk das wird wohl eine Kreuzung aus Spiegel und Schuppenkarpfen sein?
Gruß

Markus

www.sportangler-dietfurt.de

Benutzeravatar
Thomas Kalweit
Administrator
Administrator
Beiträge: 7832
Registriert: 15 Okt 2002 03:01
Wohnort: Singhofen
Kontaktdaten:

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Thomas Kalweit » 27 Nov 2009 10:10

In Spanien und Italien sind Wildkarpfen noch häufig, dort haben sie sich seit der Römerzeit massenhaft verbreitet. Sie finden in dem warmen Klima beste Fortpflanzungsbedingungen in jedem Jahr.

Züchterisch veränderte Karpfenrassen gibt es viele: http://www.carp.de/berichte/1999/07/kar ... ndex.shtml
Online-Redaktion FISCH & FANG / DER RAUBFISCH
E-Mail: thomas.kalweit@paulparey.de

Benutzeravatar
Karpfenfischer
Treuer User
Treuer User
Beiträge: 1048
Registriert: 24 Okt 2004 03:01
Wohnort: Altmühltal

Re: Römische Karpfen

Beitrag von Karpfenfischer » 27 Nov 2009 11:12

Die Schuppenkarpfen hier sehen eher aus wie ein Suppenteller mit vielen Schuppen ;)
Gruß

Markus

www.sportangler-dietfurt.de

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 92 Gäste