Landwirte sind schuld!

Was geschieht gerade wo, wie und warum?

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Thomas Kalweit
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Landwirte sind schuld!

Beitrag von Thomas Kalweit » 30 Okt 2003 17:30

[img]images/smiles/icon_smile.gif[/img] Hallo Leute,
das Umweltbundesamt hat 12.000 Seen untersuchen lassen: Hauptverschmutzer ist jetzt bewiesenermaßen die Landwirtschaft.

Lest mal die Aktuelle Meldung auf der Startseite!

Auch an meinem Heimatgewässer fahren die Bauern zehn Meter vom Ufer entfernt die Gülle aufs Feld. Der See eutrophiert zusehends, aber keiner tut etwas. Gemeinde und Kreis sind seit Jahren informiert, verschleppen aber wegen Personalmangel das Verfahren. In der Flurbereinigung in den 70/80-er Jahren wurde die Flächenstilllegung absichtlich "verpennt", weil man den in der Lokalpolitik mächtigen Landwirten nicht ans Zeug flicken wollte...

Wie sind Eure Erfahrungen?
Online-Redaktion FISCH & FANG / DER RAUBFISCH
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Karsten
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Beitrag von Karsten » 30 Okt 2003 19:12

Hallo!
Es sind nicht nur die Landwirte schuld. Denn die Behörden haben ja verpennt, rechtzeitig Maßnahmen gegen den Nährtstoffeintrag zu unternehmen. Ein Landwirt interessiert ein Gewässer nur zu Bewässerungszwecken und ansonsten nicht. Ebenso, wie die Industrie Wasser nur als Rohstoff sieht. Die Sichtweisen sind also immer interessenbedingt.
Gruß Karsten
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Landwirte sind schuld!

Beitrag von andalG » 30 Okt 2003 19:24

Irgendwie kommt mir das Thema bekannt vor. So ähnlich hatten wir es doch schon. Jetzt ist es ja offenbar belegt. Was wird kommen?

Auf der einen Seite habe ich ja ein gewisses Verständnis für die Bauern. Leicht ist es sicher nicht, einen Hof zu erhalten und auch noch davon zu leben.
Bei vielen jüngeren Landwirten kann man zum Glück auch ein Umdenken beobachten. Leider sind halt viele vom alten Schrot und Korn am machen. Ich brauche nur das Fenster etwas öffnen. Zur Zeit wird bei uns die Gegend wieder flächendeckend mit brauner Masse überzogen. Da sind regelmäßig einige Ufer bis ans Wasser schön dick mit Fäkalien bedeckt. "Des is mei Grund und do mach i wos i wui! Wos genga mi de andarn Leit o!"

Es sind nicht die Bauern, die Schuld haben, sondern es ist der Bauer! Leider wird nichts unternommen. Denn der Ökonom hat ja einen Schwager im Gemeinderat, oder er vergibt eine Jagdpacht und außerdem möchte man sich doch nicht unbeliebt machen in der Gegend.
Dem Wasserwirtschaftsamt ist es sowieso egal, da denen die Wasserqulität völlig wurscht ist. Hauptsache die Bäche sehen schnurgerade und verbaut aus. Zu besichtigen direkt vor meiner Haustüre!

Andal
[b]Bleibe im Lande und wehre dich täglich![/b]

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Beitrag von Coachman » 30 Okt 2003 23:18

Ja das kenn ich auch so. [img]images/smiles/icon_mad.gif[/img]
Und wenn Du dann doch mal den Mund aufmachst is bei der nächsten Verlängerung halt dein Pachtwasser weg [img]images/smiles/icon_mad.gif[/img]
Das kenn ich auch mit verstopften Fischtreppen, nichteingehaltenen Restwassermengen......

[ 30. Oktober 2003: Beitrag editiert von: Coachman ]
Walter[img]http://www.saalefischer.de/webpics/ff.gif[/img]

[url=http://www.saalefischer.de]www.saalefischer.de[/url]

Bernie
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Landwirte sind schuld!

Beitrag von Bernie » 31 Okt 2003 00:28

Alle Jahre wieder ...
Ok. Es ist ein gravierendes Problem.
Was hat sich seit letztem Jahr groß geändert?
Nichts!? Doch!

Ich kann nur meine Argumente vom letzten Jahr wiederholen: Mut. Reden mit den einzelnen Bauern. Argumentieren.

Meistens sind die Leute ganz verständig, wenn man mit ihnen persönlich redet.

Bernie

[ 30. Oktober 2003: Beitrag editiert von: Bernie ]
bste

Just
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Landwirte sind schuld!

Beitrag von Just » 31 Okt 2003 00:32

Kann ich so unterschreiben - mancher Bauer und mancher Jäger meint, die Gesetze sind nur für andere gemacht.
Und leider ist die Lobby gross, sei's aus Angst, einer falsch verstandenen "Kameradschaft", aus einer "ismirdochwurscht-Einstellung oder aus Unkenntnis - schlimm sind alle vier Beweggründe.
Aufklärung tut Not - Öffentlichkeitsarbeit ist gefragt - und der Schneid, gegen derbe Verstösse vorzugehen. Frei nach Goethe "Der Worte sind genug gewechselt, es müssen Taten folgen ..."
Ich sehe jedenfalls nicht tatenlos zu, wenn das, was mit den Händen aufgebaut wurde, von anderen aus einem "Scheissegalgefühl" heraus mit dem Ar... wieder eingerissen wird.
Die Freiheit des Einzelnen hört immer da auf, wo er andere mit seinem Tun oder Unterlassen schädigt.

Harry1
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Landwirte sind schuld!

Beitrag von Harry1 » 31 Okt 2003 00:46

Das Problem mit den gedüngten Feldern beschränkt sich nicht nur auf Bereiche direkt am See.

Das Regenwasser transportiert die Sedimente über weite Strecken bis in unsere Gewässer. [img]images/smiles/icon_mad.gif[/img]

Es ist schwer dagegen Front zu machen und diesen Missstand abzustellen. [img]images/smiles/icon_mad.gif[/img]
mfG. Harry1

Chris74
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Landwirte sind schuld!

Beitrag von Chris74 » 31 Okt 2003 09:28

Das mit dem Güllen, ist auch bei uns im Landkreis ein Problem. Wir von der uNB (untere Naturschutzbehörde)haben auch schon des öferteren solche Kameraden beim Amt für Landwirtschaft angezeigt. Aber da war immer nur zu höhren, es handelt sich um ordnungsgemäße Landwirtschaft.

Danke, beim nächsten Außendienst schau ich dann weg, oder wie???

Auf der anderen Seite hat gerade beim Wasserwirtschaftsamt Bamberg ein Umdenken eingesetzt. Direkt vor meiner Haustür wurde jetzt im Rahmen des Hochwasserschutzes eine große Fläche ausgekoffert und eine Verbindung zu einem bestehenden Altwasser hergestellt. Nach dem jährlichen Frühjahrshochwasser wird das eine super Flachwasserzone bzw. Laichzone.

Also ab und zu sind auch die Behörden tätig, nur haben die Umweltbehörden meist eine kleinere Lobby (Amtsgrünen) als z.b. Jagdbehörde oder Landwirtschaftsamt.

Chris
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mzg
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Landwirte sind schuld!

Beitrag von mzg » 31 Okt 2003 19:31

Hallo Leute,

hier werden schon wieder Äpfel mit Birnen verglichen.

Die Äpfel:
Die Uferabstandsregeln haben den Sinn, die direkte Oberflächeneinspülung größerer Mengen Schadstoffe und dadurch bewirkte "schnelle" Schäden wie Fischsterben zu vermeiden.
Wenn also euer Bauer seine Abstände (zu erfragen im jeweiligen Landwirtschaftsamt) nicht einhält, dann könnt ihr ihm rechtlich auf die Pelle rücken. (Natürlich wird der vernünftige Gewässerbewirtschafter zunächst das Gespräch suchen, es könnte ja auch der unwissende Junjor auf den Traktor gesessen haben usw.) Wer auf aus welchen Gründen auch immer auf diese Mittel verzichtet, ist ganz einfach selber schuld. Sich über ein System aufzuregen, in dem man selber eifrig mitschwimmt ist ein ganz klein bisserl peinlich.

Die Birnen:
Für die "Überdüngung" (zu den Anführungsstrichen später) muss man das gesamte Einzugsgebiet eines Gewässers betrachten. Aus der gesamten Fläche werden ständig Nährstoffe gelöst und eingeschwämmt.
Um also den Nährstoffeintrag zu reduzieren, muss man in der Fläche, und nicht nur in den Uferrandsteifen handeln.
Die Landwirte halten sich hier an geltendes Recht, und werden auch überwacht:
Sie müssen alle 3 Jahre von allen Flächen Bodenproben nehmen, die auf ihren Nährstoffgehalt untersucht werden.
Außerdem müssen sie jährlich eine Nährstoffbilanz für ihren Betrieb aufstellen, in dem alle Nährstoffzu- und Abfuhr (Kauf von Düngemitteln und Futtermitteln, Ausbringung von Wirtschaftsdünger (Mist, Gülle) usw. aufgeführt sind.
Für beide Kontrollen gibt es Grenzwerte, und deren Überschreitung wird bestraft.
Die Ausbringung größerer Mengen Gülle und Kunstdünger kann also nur im Rahmen der Überwachung stattfinden. Der Einwand der Ämter, alles sei im rechtlich grünen Bereich, kann also durchaus stimmen.

Wie auf der Seite des Ministeriums zu lesen ist (Link auf der Startseite) sind neue Gesetze geplant. Auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten sicher nicht einfach und unbedenklich.

Die Bauern sind somit schuld an der "Überdüngung", aber nicht schuldig im rechtlichen Sinn.

Was heißt aber "Überdüngung"?
Solange die Seen nicht umkippen hat eine gewisse Eutrophierung auch positive Seiten: Der Fischertrag des Gewässers steigt ganz erheblich. Teichwirte düngen ihre Teiche ja auch nicht ohne Grund.
Daneben ist die verhältnismäßig geringe Versauerung der Gewässer nicht zuletzt auf die starke Kalkausbringung durch die Landwirtschaft zurückzuführen. Versauerte Gewässer gibt es eigentlich nur, wo sich für die Landwirte die Kalkausbringung nicht lohnt: Im Bereich der Gebirgsbäche, wo die minimalen Erträge der nährstoffarmen Wiesen keinerlei Aufwand finanzieren.
Diese Punkte sollte man nicht aus den Augen verlieren, wenn man defakto fordert, die Landwirtschaft im engeren Einzugsbereich der Gewässer unwirtschaftlich zu machen.

Extem belastete Gewässer, die in regelmäßgigen Abständen kippen, erfordern sicher Maßnahmen, man sollte sich aber immer alle Aspekte vor Augen führen.

Gruß,
Manfred

Just
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Landwirte sind schuld!

Beitrag von Just » 01 Nov 2003 12:22

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat
Wenn also euer Bauer seine Abstände (zu erfragen im jeweiligen Landwirtschaftsamt) nicht einhält, dann könnt ihr ihm rechtlich auf die Pelle rücken.
Tja, so einfach ist das leider nicht, mzg, das musste ich dieses Jahr lernen.
Ich dachte bisher immer, die einzuhaltenden Abstände zum Ufer wären 5 Meter - leider falsch. Die untere Naturschutzbehörde sagte mir, diese Entfernung sei eine Empfehlung, es hängt u.a. davon ab, ob das Grundstück zum Wasser hin ansteigt oder abfällt. Das wird im Einzelfall durch Begutachtung entschieden und für Bayern gibt es eine zentrale Behörde, die angezeigten Fällen nachgeht, sitzt in Augsburg oder Umgebung, glaube ich.

mzg
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Beitrag von mzg » 01 Nov 2003 13:25

Hallo Just,

Da hast du recht. Mir ist ein Fehler unterlaufen. Es können Abstände festgelegt werden, müssen aber nicht.
Ansonsten ist ein gebührender Abstand einzuhalten.

Gruß,
Manfred

Coachman
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Beitrag von Coachman » 01 Nov 2003 15:51

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat:</font><HR>Original erstellt von mzg:
<STRONG>Ansonsten ist ein gebührender Abstand einzuhalten.
</STRONG><HR></BLOCKQUOTE>


Ich denke mal wenn einem dann beim Schleienangeln der Kunstdünger ins Genick fliegt wird der wohl nicht ganz eingehalten
[img]images/smiles/icon_mad.gif[/img]
Nebenbei bemerkt flog auch noch ne ordentliche Ladung direkt ins Wasser.
Ich hab den betreffenden Herrn darauf freundlich angesprochen, allerdings war es mit der Einsicht da nicht allzuweit her. Und falls Du versuchen solltest mit rechtlichen Schritten zu drohen, halten die Bauern alle zusammen. Und einer ist Dein Verpächter
=> siehe oben
Walter[img]http://www.saalefischer.de/webpics/ff.gif[/img]

[url=http://www.saalefischer.de]www.saalefischer.de[/url]

Harry1
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Beitrag von Harry1 » 01 Nov 2003 20:25

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat:</font><HR>Original erstellt von mzg:
<STRONG>

Die Bauern sind somit schuld an der "Überdüngung", aber nicht schuldig im rechtlichen Sinn.

</STRONG><HR></BLOCKQUOTE>

Sind nur die Bauer Schuld an der Verkrautung von Gewässern?

Gibt es noch ein paar andere Faktoren?

Was ist mit der Erderwärmung, Fäkalien von Fischen, Überfütterung der Fische........

Ich glaube aber auch, dass die Überdüngung der Felder in einigen Fällen bis > 60 Prozent für die Verkrautung der Gewässer Schuld seien dürfte.

Aber ob wir in old Germany jemals noch in der Natur ohne Bedenken vom Boden essen dürfen bezweifel ich.
mfG. Harry1

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