"Big Mamas" sollen zurück

Was geschieht gerade wo, wie und warum?

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Thomas Kalweit
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"Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Thomas Kalweit » 03 Dez 2008 11:09

Und wieder eine Studie, die das Zurücksetzen von Großfischen befürwortet:

http://agrarheute.com/panorama/panorama ... did=240317
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Ulli3D
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Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Ulli3D » 03 Dez 2008 11:52

Was nützen die tollsten Studien, wenn die nicht in die Köpfe der Vorschriftengeber und vor Allem, in die Köpfe der Angler reingehen. Dass die größten Fische mehr Nachkommen als die kleinen haben, das kann jeder leicht mit den Angaben zu Eier/ Kg Gewicht ausrechnen aber ...
Petri Heil aus Sankt Augustin

Ulli

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Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Hechtlein » 03 Dez 2008 11:57

Außerdem widerlegen unsere Vorschriftengeber jede Studie mit einer Gegenstudie!!!Und die sitzen nun mal leider meistens am längeren Hebel.....! :cry:

Niederbayer

Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Niederbayer » 03 Dez 2008 13:32

Ich sehe das auch ein bißchen anders:
Wir hatten schon mehrfach hier die Diskussion, was mehr bringt - große oder kleinere Fische zurückzusetzen.

Im Meer - sprich großer Lebensraum - bringt ein Schwarm mit größeren Fischen natürlich mehr Nachkommen, weil der große Fisch bezogen auf seine Körpermasse mehr Laich im Körper hat!

In unseren Gewässern - sprich begrenzter Lebensraum - bildet sich die Alterspyramide viel stärker aus und der Laich der deutlich höheren Zahl an kleineren Fischen ist wahrscheinlich ungefähr genauso viel (wenn nicht sogar höher - wobei ich da keine konkreten Zahlen kenne) wie bei der kleineren Anzahl an großen Fischen!

Just my 2 cents

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Thomas Kalweit
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Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Thomas Kalweit » 03 Dez 2008 14:08

Das Problem liegt ja auch noch bei einem anderen Aspekt: Wenn man immer gezielt die großwüchsigen, kapitalen Fische entnimmt (wie wir Angler es machen), betreibt man sozusagen eine negative Zuchtwahl/Selektion. Die schnellwüchsigen Fische mit guten Genen dürfen sich nicht weiter fortpflanzen, die kleinen Kümmerlinge schon.

Man stelle sich vor, ein Schweinezüchter zieht nur Nachkommen von den kleinwüchsigen Minischweinchen und schlachtet die großen Säue. Was da rauskommt, kann man sich vorstellen - Kotletts von 2-Euro-Größe. Wir Angler selektieren leider die besonders gesunden und genetisch wertvollen Tiere gezielt aus. Besser wäre es, wenn sie sich noch einige Jahre fortpflanzen könnten.

Dann gibt es Untersuchungen, dass Eier von älteren, größeren Fischen fettreicher sind und so den Larven bessere Überlebenschancen bieten, als die Eier der kleineren Fische. Ei ist also nicht gleich Ei.

In einem normalgroßen, halbwegs natürlichen See ist der Aufbau der Alterspyramide durchaus vergleichbar mit dem Meer: Eine sehr breite Basis und nur eine dünne Spitze. Du hast recht: In einem stark beangelten Gewässer mit Besatz, wird der natürliche Altersaufbau oft durcheinander gewirbelt.
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Niederbayer

Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Niederbayer » 03 Dez 2008 18:28

Also mal vorweg - ich habe keine genauen Daten zu meinen Aussagen, aber aus den Erfahrungen der Angler-Jahre sehe ich es so:

Wenn ich die letzten 25 Jahre Fischerei sehe, hat sich eigentlich der Schnitt an "Big Mamas" die pro Jahr gefangen werden nicht verkleinert, sondern eher vergrößert! Und Jahr für Jahr werden auch die Leute mehr, die die Fische wieder releasen!

Solange die Zahl der "Big Mamas" immer noch so groß ist - und das ist sie auf alle Fälle noch, heißt das, dass diese Fische ihre guten Gene bereits hunderttausende- und millionenmale weitergegeben haben.
:arrow: wieder viele potentielle "Big Mamas"

Und so weit ich mich nicht total irre, gibt es keine Untersuchung die beweist, dass aus kleineren Fischen (bzw. deren Laich) nicht auch "Big Mamas" werden können bzw. diese so viel schlechtere Gene haben!

Versteht mich nicht falsch - ich will nicht die Entnahme an sich befürworten oder andere überzeugen, es soll einfach auch die andere Seite überdacht/betrachtet werden :!:

Johanna

Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Johanna » 03 Dez 2008 19:17

hallo freunde
hier eine buchempfehlung:
"der unterschätzte angler" von prof. dr. robert arlinghaus
da geht einem so manches licht auf

mzg
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Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von mzg » 03 Dez 2008 20:51

Niederbayer hat geschrieben:Und so weit ich mich nicht total irre, gibt es keine Untersuchung die beweist, dass aus kleineren Fischen (bzw. deren Laich) nicht auch "Big Mamas" werden können bzw. diese so viel schlechtere Gene haben!
Das ist ja auch nicht die Frage. Natürlich kann aus dem Laich kleiner Fische eine Big Mama werden, wenn die entsprechenden Gene vorhanden sind.

Das Problem ist die Selektion auf kleinwüchsige Fische. Da gibt es sehr wohl Studien (hatte nicht sogar Thomas mal einen Link eingestellt) und die umfangreichen Erfahrungen aus der Teichwirtschaft.
Das kannst du in jedem alten Karpfenzuchtbuch nachlesen, dass die Bestände genetisch verbutten, wenn z.B. ein Teich jährlich abgelassen wird um die großen Karpfen zu entnehmen und die kleinen drin bleiben.

Die Angler kapieren das zunehmen.
Die Fischerei steht da vor einem ganz anderen Problem. Bau mal ein Netz, dass kleine Fische fängt und große durchlässt.
Zurücksetzen hat keinen Sinn. Was aus großen Tiefen hochgezogen wird, stirbt wegen platzender Schimmblase oder an "Taucherkrankheit".
In US-Gewässern gibt es zwar einen Versuch, die Schwimmblasen zu durchstechen, um die Fische zurücksetzen zu können. Das ist aber auch nur für Angler. Bei den Fischmassen auf den Fangschiffen völlig unmöglich.

Die große Frage ist also: Wie umsetzen?

Niederbayer

Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Niederbayer » 03 Dez 2008 21:08

@ mzg

Aber ein Gewässer der Teichwirtschaft mit einem großen See/Fluss zu vergleichen ist jetzt auch nicht richtig, finde ich!
Dort wird nämlich komplett "ausgesiebt", was in der freien Natur unmöglich ist!

Irgendwie argumentiert man immer gerne mit dem worst case, aber die Realität sieht eben nicht nur schwarz und weiß...
(@mzg das ist jetzt nicht böse gemeint bzw. auf Dich bezogen!)

Ein Beispiel:
Kennt ihr Laichstellen von Hechten?
Da treffen sich sowohl "Big Mamas" als auch normale Hechte ab ca. 50cm!
An diesen Laichstellen bleiben viele Hechte zurück und suchen sich einen Standplatz! Aus meiner Sicht ist da total egal, ob "gute Gene" oder "schlechte Gene" - wer gerade am falschen Platz ist, wird vom größeren gefressen!

Und wie gesagt, die guten Gene wurden ja schon 100.000- oder 1.000.000-fach weitergegeben, auch wenn die "Big Mama" entnommen wurde! Denn diese kann ja auch mit geringerer Größe schon gute Gene weiter geben!

Natürlich kann man die Durchschnittsqualität erhöhen, indem man die Größeren zurücksetzt, aber ist das in einem Natur-Gewässer wirklich so ausschlaggebend?

mzg
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Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von mzg » 03 Dez 2008 21:52

Niederbayer hat geschrieben:aber ist das in einem Natur-Gewässer wirklich so ausschlaggebend?
Kennst du ein Naturgewässer?
Die Gewässer, die ich kenne, haben alle einen sehr hohen Befischungsdruck.
In einem Naturgewässer erfolgt eine sehr starke Selektion auf Wüchsigkeit. Was nicht schnell genug wächst, wird gefressen.
Deshalb sind z.B. Schleien in Gewässern mit gutem Hechtbestand überduchschnittlich wüchsig.
Ich möchte nicht wissen, wie traurig z.B. die Hechtbestände der bayerischen Seen ohne die ständigen Besatzmaßnahmen mit wüchsigen Hechtstämmen wären. In vielen Gewässern wären nur noch Mickerlinge vorhanden.
Würde bei den Hechten konsequentes Catch&Release betrieben, gäbe es viel mehr große Hechte und keine verbutteten Weißfischbestände mehr.
Fahr mal z.B. nach Kanada an ein Gewässer mit natürlichem Hechtbestand und staune.

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Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Hartmut » 03 Dez 2008 22:30

Hi,

das Thema hatten wir hir schon rauf und runter diskutiert.

http://www.fischundfang.de/forum/viewto ... arlinghaus

Nur in der F&F Suchfunktion Arlinghaus eingeben

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Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Nachtangler » 03 Dez 2008 22:51

Ich möchte eigentlich nur auf eins hinweisen:
Wir haben in Deutschland keine natürlichen Gewässer mehr.
Man kann nicht einfach alle Gewässer über einen Kamm scheren.
Was in dem einem Gewässer stimmt passt evtl. in dem nächsten überhaupt nicht.
Durch, teilweise falsche, Besatzmaßnahmen und unterschiedlichen Angeldruck
und Fischentnahme ist jedes Gewässer völlig unterschiedlich und muß dementsprechend bewertet werden.
Grundsätzlich halte ich es für richtig große Fische zu schonen.
Das fängt für mich aber schon damit an, das ich, in bestimmten Gewässern, erst gar nicht große Fische gezielt beangel.
Hier wurden Schleien/Hechte angesprochen.
Ich könnte in einem extremen Beispiel belegen
das es durchaus möglich ist, das Schleien verbutten
selbst wenn der Hechtbestand als solches sehr gut ist!
Kraut, Kraut zund nochmals Kraut.
Das Wissen des Anglers über Fisch und Gewässer fängt und nicht das Angelgerät.

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Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Iceman1 » 03 Dez 2008 23:17

@ Hartmut du hast recht ich kann es auch nicht mehr Hören ! :?

Gruss Walter 8)
[img]http://img50.imageshack.us/img50/3438/iceman1nt0.png[/img]

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Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Hartmut » 03 Dez 2008 23:21

Ich könnte in einem extremen Beispiel belegen
das es durchaus möglich ist, das Schleien verbutten
Ja, sogar die Titanic sank, obwohl sie als unsinkbar galt.

Nun, hier geht es um eingefahrene Gleise in der Gewässerbewirtschaftung und Fischentnahme. Gut - in der Nachkriegszeit waren wir auf intensive Besatzmaßnahmen angewiesen, da viele Gewässer als Müllkippen missbraucht wurden.
Heute bezahlen wir sehr viel Geld für die unüberlegten Industrie-Sünden und müssen die Schäden aufwändig reparieren.

Mittlerweile schaffen es auch Wanderfische, zur Vermehrung wieder zurück in ihre Kinderstube. usw.

Der Weg zurück ist lang und mühevoll, aber er ist es wert.

Grüße

Hartmut

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Re: "Big Mamas" sollen zurück

Beitrag von Smile » 04 Dez 2008 00:54

Das Buch von Arlinghaus kann ich auch nur unbedingt empfehlen. Auch besonders zu diesem Thema.

Sicherlich ist es so, dass eine große Anzahl kleinerer Fische eine vergleichbare Anzahl an Nachkommen produzieren - zumindest theoretisch.Nur sind da folgende Dinge zu berücksichtigen:
Entnehme ich einen einzigen Fisch von ca. 20 Pfund müßte ich stattdessen 5-10 kleine Fische entnehmen. Um es an Hechten festzumachen: Von den 10 Hechten die im Wasser sind - statt des einen Großen - sind rein statistisch nur etwa 10 Prozent Topvererber. Dessen Nachwuchs hat aber nur die normale Chance zu überleben - erhöht um das leistungsfähigere Erbgut. Die Brut der älteren Fische kriegt noch wie Thomas bereits treffend geschrieben hat, ein volles Rucksäckchen mit Kalorien auf den Weg. Damit sind 100% dieser Jungtiere im Vorteil. Das heißt, die dezimieren kannibalistisch auch Ihre 'Mitbewerber'. Ist es nur das Genpotential, sinkt der Vorteil drastisch ab. Die Überlebenswahrscheinlichkeit ist letztlich das Geheimniss. Schneller wachsen, effizient Futter nutzen, Gefahren aus dem Weg gehen ist der Schlüssel zu erfolgreichem Überleben. Oder sagen wir mal drei der Schlüssel.
Natürlich kann ich mit einem 65er Hecht einen potentiellen Supervererber aus dem Spiel nehmen.Bei einem 26 Pfünder weiß ich das mit Sicherheit. Je jünger der Fisch ist, um so geringer wird die Wahrscheinlichkeit, dass ich einen erheblichen Schaden anrichte, wenn ich ihn entnehme. Je älter sie werden, desto mehr haben die Tiere die Überlebensfähikeit unter Beweis gestellt. Letztlich ist es schlicht gelebte Statistik.
Oder um es mal auf ein Beispiel runterzubrechen:
Wenn eine Mannschaft einen Führungsspieler verliert käme niemand auf die Idee 5 A-Jugendlich stattdessen als adäquaten Ersatz anzusehen. Selbst wenn der schon was gelernt hat und möglicherweise sogar ein Nachkömmling des Superstars dabei ist. 10 B-Jugendliche oder 10 Dutzend F-Jugendliche sind noch größerer Blödsinn. Klar hast Du auch dann die Chance auf Wayne Rooney oder Ronaldo. Aber hast Du Pech bleibt es bei Kreisklasse respektive Deine Mannschaft den bach runter..
Und es ist bezeichnend, dass es auf ehemals überfischte Gewässer sind, die die ganz großen Fische verzeichnen.
Aber danach ist dann ja oft auch erst mal wieder Ruhe . . .
...."May the holes in your net be no larger than the fish in it. ~Irish Blessing"
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